Lackmustest im heißen Herbst

Handelskammer macht nach den ersten 100 Tagen ihr Verhältnis zum schwarz-grünen Senat am Bau des Kohlekraftwerks Moorburg fest. Steuererhöhungen werden abgelehnt. Davor warnt auch der CDU-Wirtschaftsrat

Die Hamburger schwarz-grüne Regierung hat sich in ihren ersten 100 Tagen nach Angaben des CDU-Wirtschaftsrats nicht als Schreckgespenst entpuppt. „Die Sorgen der Wirtschaft während der Koalitionsbildung vor dem schwarz-grünen Schreckgespenst erweisen sich glücklicherweise bisher als unbegründet“, sagte der Landesvorsitzende des Wirtschaftsrates und ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Mattner.

Allerdings stehe mit den Haushaltsverhandlungen im Herbst die Nagelprobe für die Koalitionäre erst noch bevor. Man brauche keine Neuverschuldung und Steuererhöhungen, sondern „eine ideologiefreie und pragmatische Überprüfung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Projekte“.

„Wichtige Entscheidungen zur Haushaltsführung“ erwartet auch die Hamburger Handelskammer nach den Worten ihres Präses Frank Horch. „Überlegungen zu Steuererhöhungen“ in der Koalition seien „Gift für unsere Konjunktur und abschreckend für Investoren“, warnte er. Das laute Nachdenken darüber sei „in einer Phase nie da gewesener Einnahmehöhen nicht nachvollziehbar“, so Horch: „Die Steuerquellen sprudeln. Wenn nicht jetzt der Haushalt zur Deckung gebracht werden soll und kann, wann dann?“ Horch warnte die CDU davor, ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen.

Das gelte auch für die anstehende Entscheidung über das Steinkohlekraftwerk Moorburg. Angesichts steigender Energiepreise und neu aufkeimender Atomenergiediskussion sei dies „der Lackmustest für das Verhältnis dieses Senats zur Wirtschaft“, stellte Horch klar. Es stelle sich die Frage, „ob für diesen Senat der Strom aus der Steckdose kommt, oder ob er gewillt ist, einen wirkungsvollen Beitrag zu einer modernen Energiepolitik zu leisten“. Falls nicht, drohe „ein heißer Herbst“, so der Präses wörtlich.

In einer Umfrage der Kammer unter ihren Mitgliedsfirmen zur Politik des Senats seien „Sorgen spürbar“ geworden. Negativ seien die Einschätzungen ausgefallen zu 73 Prozent bei der innerstädtischen Verkehrspolitik, zu 66 Prozent in der Energie- und Umweltpolitik und zu 64 Prozent in der Bildungspolitik, erläuterte Horch.

Zwar sei der bisherige Auftritt des Senats „durchaus effektiv und professionell“ gewesen, räumte Horch ein. Aber nun komme es auf konkrete Entscheidungen an – im September der Entwurf für den Haushalt und die Genehmigung von Moorburg. SVEN-MICHAEL VEIT