Niedersachsen-SPD zofft über Linke

Kooperieren oder nicht regieren? Parteichef Duin und Fraktionsvorsitzender Jüttner sind sich nicht einig, wie die hessischen Sozialdemokraten mit der Linkspartei umgehen sollen und zerlegen sich selbst. Das erfreut die CDU

Das Denken in Bündnissen, ob Schwarz-Gelb oder Rot-Grün, ist passé

Die Parteistruktur, die Causa Hartmann, eine nicht verarbeitete Wahlniederlage, die ungelöste Führungsfrage. Als ob die Niedersachsen-SPD sonst keine Probleme hätte, haben die Genossen nun ein neues Thema gefunden, um sich öffentlich zu zerlegen. In mehreren Interviews über den Umgang mit der Linkspartei in Hessen widersprachen sich Fraktionschef Wolfgang Jüttner und der Parteivorsitzende Garrelt Duin.

Kooperieren oder nicht regieren? Eine Zusammenarbeit von SPD und Linken in Hessen wäre „ein Spiel mit dem Feuer, das wir am Ende nicht wieder werden löschen können“, sagte Duin am Montag im Südwestrundfunk. Mit „Blick auf die Bundestagswahl“ wäre die Glaubwürdigkeit der SPD „stark erschüttert“, wenn die Genossen in Hessen mit der Linken zusammenarbeiten würden, betonte Duin. Die hessische SPD- Vorsitzende Andrea Ypsilanti will sich wahrscheinlich im November mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Ein Interview Duins in der Frankfurter Rundschau in der vergangenen Woche hatte schon bei den hessischen Genossen wegen des „ungebetenen Ratschlags aus Niedersachsen“ schon für Unruhe gesorgt.

Duin hatte bereits im März als einziger im 40-köpfigen SPD-Bundesvorstand gegen den Kurs von SPD-Chef Kurt Beck gestimmt, der Hessen-SPD freie Hand bei der Regierungsbildung zu geben. Am Montag forderte Duin, die Spitze der Bundespartei müsse sich einschalten: „Das ist wirklich eine so wichtige Frage, die muss im Parteivorstand entschieden werden.“

„Koalitionen auf Landesebene sind Sache der Landespartei“, entgegnete SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner prompt in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und entsprach damit der Linie von Parteichef Beck. „Koalitionen auf Landesebene sind pragmatische Konsequenzen aus Wahlergebnissen“, die für den Bund keine Aussagekraft hätten, sagte Jüttner. Dies gelte „besonders jetzt, wo wir in Deutschland ein Fünf-Parteien-System haben“. Das Denken in Bündnissen, ob Schwarz-Gelb oder Rot-Grün, sei passé. Aus der Landtagswahl in Hessen könne die Lehre gezogen werden, vor Wahlen am besten gar keine Koalitionsaussage zu machen.

Die CDU reagierte erfreut: Die Jüttner-Worte seien „eine öffentliche Demontage des SPD-Landesvorsitzenden Duin“, sagte Landespartechef David McAllister. Die Aussagen zeigten erneut, „wie zerstritten die SPD in Niedersachsen wirklich ist. Dieses Thema erfordert ein Machtwort des SPD-Landesvorsitzenden.“ Während er sich im Landtagswahlkampf zur Kooperation nicht habe äußern wollen, lasse Jüttner nun „die Katze aus dem Sack“, sagte McAllister. Jüttners Bereitschaft zur Kooperation mit der Linken bedeute, dass die niedersächsische SPD „endgültig“ die politische Mitte aufgegeben habe. Und: „Die Ypsilantis in Niedersachsen heißen Jüttner.“ KAI SCHÖNEBERG