KUNSTRUNDGANG
: Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Die Brunnenstraße kann so ruhig sein, besonders am oberen Ende von Mitte, zwischen Anklamer und Bernauer Straße: nicht mehr ganz so hip wie weiter unten am Rosenthaler Platz, eher schon die Transitgegend Richtung Wedding, in der stilvoll renovierte Altbauten in hart-kantige West-Sozialbauten übergehen. Doch auch hier finden sich einige Galerien – wie soll es auch anders sein! Zwischen Trödelmarkt, dem Darttreff „Wonneproppen“ und „Christas Kiezbäckerei“ liegt etwa – zusammen mit den Ausstellungsräumen „Arttransponder“ und „Zone B“, die an diesem Tag leider zuhaben – „Bildschöne Bücher“: Verlag, Buchladen und Ausstellungsraum in einem. Momentan zu sehen, sowohl als Buch wie als Ausstellung: Henrik Verings „Berlin – Die Stadt und die Beute“, Fotografien der Stadt vor der Tür, hauptsächlich aus den 1990ern, Berlins Golden Coming of Age. Bezeichnender Titel – „Die Stadt und die Beute“: eine erstaunliche Auswahl an zähnefletschenden Pitbulls ist dabei. Außerdem schemenhaft zu erkennende Meuten von Polizisten in Kampfmontur – erster Mai wahrscheinlich –, eine Leuchtreklame, die sehr Fifties-mäßig daherkommt (aber vielleicht liegt das ganz einfach daran, dass hier „Kaufhaus des Westens“ geschrieben steht), zwischendrin mal dreckige Katzen, eine riesige Motte, Körperausschnitte, nackte Menschen im Wald – sieht sehr nach Sex-spielen im Grunewald aus – AIDS FÜR NAZIS steht auf einem Graffiti, wow!, und immer wieder in dunklem Schwarz-Weiß geschossene Architektur- und Straßen-Impressionen aus der Zeit, in der Berlin noch ein abgefuckter Teenager mit schlechten Zähnen war. Ein dark-assoziativer Trip zurück, ein nostalgisches Verklären der Härte und Kantigkeit dieser Stadt, die inzwischen halt doch so geworden ist wie andere Großstädte. Auch wenn man gar nicht so richtig mitbekommen hat, wie das eigentlich passiert ist.

Henrik Vering: „Berlin – Die Stadt und die Beute“, Ausstellung bis 24. August, Mi, Fr+Sa, 13–18 Uhr, Bildschöne Bücher, Brunnenstr. 152; Buch erschienen im „Verlag für Bildschöne Bücher“, 120 Seiten/Softcover, 28 €, ISBN 978-3-939181-14-9