Olympia bremst

Die Spiele und schwächere Exportnachfrage bremsen Chinas Industriewachstum

Sosehr Peking durch die Olympischen Spiele in diesen Tagen in den Blick der Weltöffentlichkeit gerückt ist – auf die chinesische Wirtschaft werden die Olympischen Spiele langfristig nur geringe Auswirkungen haben. Die Fabrikschließungen im Zuge der Spiele und eine schwächere Nachfrage aus dem Ausland haben das Wachstum der chinesischen Industrieproduktion auf ein 19-Monats-Tief gedrückt. Auch die gestiegenen Rohstoffkosten und die Nachwirkungen des schweren Erdbebens hätten im Juli zu einem überraschend deutlichen Rückgang des Wachstums auf 14,7 Prozent von 16 Prozent im Vormonat beigetragen, teilte die staatliche Statistikbehörde in Peking am Donnerstag mit. „Die Zahl wird die Sorge am Markt über eine konjunkturelle Abschwächung verstärken“, sagte Lu Zhengwei, Chefvolkswirt der Industrial Bank in Shanghai.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kam auch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim letzte Woche. Auf Chinas Wirtschaft dürften sich die Spiele langfristig nur gering auswirken, heißt es in der Studie. Das Institut hatte dafür 300 Analysten und institutionelle Anleger befragt. Zwar habe besonders der Bausektor im Vorfeld der Spiele von den öffentlichen Ausgaben zum Ausbau der Infrastruktur profitiert. Mehr als die Hälfte der vom ZEW befragten Experten bezweifeln jedoch einen nachhaltigen Nutzen.

Das ZEW rechnet auch nicht mit Impulsen auf Chinas Aktienmärkten. Im Gegenteil: Während in den vergangenen Jahren die Aussicht auf die Spiele eine Aufbruchsstimmung erzeugte – noch vergangenen Oktober schloss der Shanghai Composite Index erstmals bei 6.124 Punkten –, ist diese Stimmung nun verpufft. Seit dem Höchststand im Oktober hat Chinas wichtigster Festlandindex der Börse in Shanghai fast 60 Prozent an Wert verloren. Gestern, am zweiten Handelstag nach Beginn der Spiele, rutschte er noch einmal um mehr als fünf Prozent ab und landete auf mageren 2.4770 Punkten. Zuvor hatte Peking zu Wochenbeginn bekanntgegeben, dass der Index für die Erzeugerpreise im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat landesweit um 10 Prozent zugelegt hat – der bisher höchste monatliche Wert in den vergangenen 30 Jahren.

Offenbar befürchten Anleger einen lange vorausgesagten post-olympischen Börsenabschwung und eine Abkühlung der Wirtschaft nach Ende der Spiele. Diese Furcht kommt nicht von ungefähr. Vor allem der hohe Ölpreis macht den Chinesen zu schaffen. Ein Grund für die in den vergangenen Jahren so erfolgreiche Exportwirtschaft waren die günstigen Transportkosten. Zudem produziert Chinas Wirtschaft sehr energieintensiv. Steigen die Energiepreise innerhalb kurzer Zeit so rasant, droht vielen Fabriken und Exportfirmen das Aus. Die Zentralregierung weiß um das Problem und subventioniert den Ölpreis. Doch auf Dauer wird ihr diese Subventionierung zu teuer. Bereits im Juni hat sie den Benzinpreis um 20 Prozent erhöht. Analysten rechnen damit, dass die Regierung die Subventionen nach den Spielen noch weiter kürzen wird.

Es gebe keinen Hinweis darauf, dass in den nächsten Jahren weniger gebaut und weniger investiert wird, kommentiert hingegen die chinesische Finanzzeitschrift Caijing. Und auch für internationale Geschäftsleute scheint China weiterhin attraktiv zu bleiben. Der Vorsitzende der Deutschen Handelskammer, Richard Hausmann, wies dieser Tage daraufhin, dass die Investitionen deutscher Unternehmen allein im ersten Halbjahr um 37 Prozent gestiegen sind. Bei einer internen Umfrage haben im vergangenen Jahr zudem 90 Prozent der Mitglieder erklärt, dass sie ihre Aktivitäten in China noch weiter ausweiten wollen.

FELIX LEE, JUTTA LIETSCH