Symbol und Wirklichkeit

Geburtstag im Sommer

Es war Geburtstag und schon abends. Die gemischten Freunde saßen wie Indianer auf Decken im Grünen, auf einem kleinen Hügel inmitten der Stadt. Zwischen den Freunden auf dem Boden war sommerliches Essen und Trinken aufgebaut. A., der Geburtstag hatte, obgleich er sich gar nicht so alt fühlte, setzte sich mal da-, mal dorthin, um mit den Abordnungen der verschiedenen Freundeskreise zu sprechen.

Man rauchte, trank, aß oder spielte Federball. Der japanische Technokünstler rannte da- und dorthin, um Geräusche zu sammeln, und wenn D. ihn nicht gewarnt hätte, hätte der Wasserstrahl, der wenig später aus der altertümlichen Handpumpe kam, sicher das schicke Aufnahmegerät beschädigt.

In einem Halbkreis wurde gekifft. „Immer diese Kifferei!“ A. sagte diesen Satz mit englischem Akzent. Diesen Satz mit so einem komischen r zu sprechen, den Blick andeutungsweise nach oben, gen Himmel, gerichtet, irgendwie aufgehoben unter den jüngeren Freunden im Grünen, vermittelte ihm ein Gefühl von Zugehörigkeit zu einer zugleich ausgedachten und wirklichen Welt, die schöner und interessanter war als die, in der er arbeitstechnisch sonst zu leben gezwungen war. Zu kiffen war gleichzeitig symbolisch und wirklich und es war unklar, ob das Symbolische oder das Wirkliche wichtiger war; in dem Sinne auch, in dem Kafka einem anderen das Bier bezahlte, weil es ihm mehr Freude machte, den anderen beim Biertrinken zu beobachten, als selber zu trinken.

Dann verabschiedeten sich die Japaner und man wusste nicht, ob man die Hand geben sollte oder nicht, stolperte beim Aufstehen über die eigenen Füße, schüttelte Hände und winkte; wie schön war doch dieser Sommer! DETLEF KUHLBRODT