Türkischstämmige Schulsprecher gesucht

Junge Deutschtürken wollen Migrantenjugendliche ermuntern, sich als Schülervertreter zu engagieren

BERLIN taz ■ Vor zwei Jahren wurde Melda Akbas Klassensprecherin an ihrem Gymnasium in Berlin-Charlottenburg. „Mehr aus Zufall“, wie sie sagt. Doch der 17-jährigen Deutschtürkin gefällt die Mitbestimmung: „Wenn man sich engagiert, hat man Einfluss – auf die Budget-Planung der Schule, den Kauf neuer Laptops oder die Stundenausfalltafel.“ Akbas ist inzwischen Vorsitzende des Bezirksschülerausschusses, in diesem Schuljahr will sie als Schülersprecherin kandidieren. Eines aber gefällt der Gymnasiastin nicht: „Ich bin in mehreren Gremien und nirgendwo habe ich einen anderen Türken getroffen – die engagieren sich einfach weniger.“

Um das zu ändern, hat sich Akbas mit zwei anderen türkischstämmigen SchülerInnen zusammengetan und mit Unterstützung der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) das Projekt l.o.s. (let’s organize something) entwickelt. Mit Hilfe von einem Internetauftritt, Flyern und persönlicher Ansprache an den Schulen wollen die drei Gymnasiasten andere Migrantenjugendliche dafür gewinnen, in der Schülervertretung aktiv zu werden. Das Ziel: Innerhalb eines Jahres soll es in Berlin möglichst viele türkischstämmige Klassen- und SchülersprecherInnen geben.

In Workshops über die Arbeit der Schülervertretung und Rhetorik-Crash-Kursen sollen die SchülerInnen für diese Arbeit fit gemacht werden. „Viele haben einfach Angst davor – und diese Angst wollen wir ihnen nehmen“, erklärt Akbas.

Das Projekt, das nicht nur GymnasiastInnen, sondern auch Haupt- und RealschülerInnen für die Schülervertretung gewinnen will, ist als Politprojekt geplant. „Wenn es erfolgreich ist, wollen wir es 2009 auf andere Bundesländer ausweiten,“ sagt TGD-Chef Kolat.

L.o.s. ist Teil der auf fünf Jahre angelegten Bildungskampagne der TGD, die im vorigen Jahr begann und zahlreiche Einzelprojekte umfasst. Da sollen türkischstämmige Mütter und Väter für die Elternarbeit an den Schulen gewonnen, türkischsprachige Medien für Bildung sensibilisiert und AbiturientInnen mit Migrationshintergrund für das Lehramtsstudium gewonnen werden.

In Hamburg hat der Landesverband 5.000 Tulpen an Eltern verteilt, die mit den Blumen zum Schuljahrbeginn die LehrerInnen ihrer Kinder begrüßen und so Kontakt aufnehmen sollen. An vier Berliner Schulen hat der hiesige Landesverband türkischstämmige Lotsen als Ansprechpartner für die Eltern eingeführt. „Die Anzahl der türkischstämmigen Eltern, die an Elternabenden teilnehmen, hat sich seitdem verdreifacht“, sagt Kolat.

Mit der Kampagne will die Dachorganisation die Anzahl der türkischstämmigen SchülerInnen ohne Abschluss halbieren und die jener mit Realschulabschluss oder Abitur deutlich steigern. Dazu trage auch das Engagement in der Schülervertertung bei, meint Melda Akbas: „Da lernt man viele Dinge, die man auch für den Unterricht gebrauchen kann.“ SABINE AM ORDE