„Ich habe schöne Stunden erlebt“

Badminton-Spielerin Juliane Schenk ist als erste deutsche Sportlerin ausgeschieden – und seitdem Olympia-Touristin

JULIANE SCHENK, 25, ist Badmintonspielerin und Sportsoldatin. Sie ist deutsche Vize-Meisterin und war EM-Dritte im Einzel 2008 und 2006.

taz: Frau Schenk, Sie sind am ersten Tag der Olympischen Spiele in Ihrem Badminton-Einzel als erste Athletin des deutschen Teams ausgeschieden. War das eine Enttäuschung?

Juliane Schenk: Einerseits schon, in der Atmosphäre hätte ich gern noch mehr Spiele gemacht. Dass mir das letzte Quäntchen Glück gefehlt hat, war schon bitter. Die ersten Tage hatte ich da ganz schön dran zu knabbern. Andererseits war ich sehr zufrieden mit meiner Leistung. Ich habe gegen die spätere Bronzemedaillengewinnerin gespielt und 22:20 im dritten Satz verloren.

Sind Sie jetzt Tourist?

Ich bin jetzt Tourist, definitiv, das genieße ich auch. Wir haben so hart dafür gearbeitet, hier zu sein. Ich habe im Wettkampf alles gegeben, aber das ist jetzt Vergangenheit. Umso mehr sollte man auskosten, was man hier noch an Eindrücken sammeln kann.

Was haben Sie bisher gemacht?

Viele Sportarten besucht und die anderen unterstützt. Ein bisschen Sightseeing, ich war an der Chinesischen Mauer und auf dem Seidenmarkt. Und ich bin natürlich abends im Deutschen Haus gewesen. Ich habe schon viele schöne Stunden erlebt.

Es gibt Athleten, die völlig begeistert sind von der Organisation der Spiele und den Sportanlagen in Peking, andere sind genervt und sprechen von aufgesetzter Freundlichkeit. Wie empfinden Sie das?

Ich tendiere eher zur ersten Meinung. Man kann das so bewerten, dass die Volunteers und die Offiziellen hier aufgesetzt freundlich sind, aber ich finde, dass das gut ankommt. Die Hilfsbereitschaft ist da. Mich stört manchmal eher die überzogene Hilfsbereitschaft. Dann lassen sie einen stehen und fragen erst mal, was ja auch sehr nett ist, aber manchmal wäre es sinnvoller, sie würden einfach sagen: Sorry, ich habe überhaupt keine Ahnung. Stattdessen versuchen sie auf jeden Fall eine Antwort herauszufinden.

Bei den deutschen Leichtathleten fällt auf, dass sie diesmal öffentlich sehr kritisch gegenüber möglichen Dopingsündern sind. Herrscht insgesamt im deutschen Team die Stimmung: Verdammt, die anderen betrügen, wir haben keine Chance?

So viel habe ich davon nicht mitbekommen, ich habe nur das Interview von Tobias Unger (der Sprinter warf dem Jamaikaner Usain Bolt eine „Riesenverarschung“ vor, d. Red.) gelesen. Bei den Schwimmern habe ich mehr mitbekommen, die waren ja auch etwas bedröppelt über die eigenen Leistungen. Aber das Thema Doping ist nicht diskutiert worden.

Auch im Zusammenhang mit Michael Phelps nicht?

Nein, bei den Gesprächen, die ich geführt habe, nicht.

Empfinden Sie Bewunderung für Phelps und Bolt?

Jein. Einerseits schon, ich denke: Abgefahren. Das 100-Meter-Finale habe ich gesehen, der hat ja schon Meter vorher abgestoppt und sich gefeiert. Das sind ja mittlerweile Dimensionen, da zweifelt man und fragt sich: Wie geht so etwas? Das ist schon gigantisch. Aber darüber zu spekulieren, ob Doping hin oder her, liegt ehrlich gesagt nicht in meinem Ermessen. Eigentlich wünscht man sich, dass nur noch Zeiten erreicht werden, die nicht ganz so jenseits von Gut und Böse sind. Da ist immer noch ein Anstieg und noch einer. Ich weiß nicht, wo das hinführen soll.INTERVIEW: SUSANNE ROHLFING