„Eine völlig absurde Forderung“

Dass die Elbphilharmonie 100 Millionen teurer werden soll, hält Intendant Christoph Lieben-Seutter für reinen Poker der Baufirma. Sollte sich aber auch die Eröffnung weiter verzögern, würde das die Konzertplanung empfindlich stören

taz: Herr Lieben-Seutter, welchen Eröffnungstermin peilen Sie derzeit an?

Christoph Lieben-Seutter: Wie im Juni angekündigt, plane ich mit einer einjährigen Verspätung. Also für September 2011.

Sind Sie sicher, dass Sie das in sechs Wochen auch noch so sagen werden?

Da bin ich vorsichtig. Ich warte das Ergebnis der Verhandlungen mit der Baufirma Hochtief ab. Ich halte den Termin 2011 für machbar, aber bevor ich Klarheit habe, werde ich nicht gerade die Eröffnungskonzerte planen.

Fühlen Sie sich von der Politik zu spät informiert über die baulichen Verzögerungen?

Nein. Ich bin Zaungast bei Bauherrnbesprechungen und weiß im Prinzip Bescheid. Was mich allerdings überrascht hat, sind die Summen, die da plötzlich genannt werden. Aber solche Firmen pokern eben: billig abschließen und später versuchen, das Geld zurückzubekommen.

Sie halten die 100-Millionen-Nachforderung also für angemessen?

Nein, für völlig absurd. Die Forderung bedeutet ja auch bloß, dass irgendwer das gern hätte – aber nicht, dass gezahlt wird.

Könnten auch die Betriebskosten für den Konzertsaal explodieren?

Meines Wissens nicht. Das Einzige, was mich überraschen kann, sind die Technikkosten. Wenn also der Betrieb der Klimaanlage dreimal so viel kostet wie angenommen, muss man nochmal darüber reden.

Behindert die Verteuerungs-Debatte Ihre Verhandlungen mit Sponsoren?

Nicht die Kosten sind hinderlich, sondern die Terminfrage. Die Verschiebung der Eröffnung erschwert die Sponsorensuche.

Könnten Sponsoren abspringen, wenn erst 2012 eröffnet wird?

Möglich ist das durchaus. Grundsätzlich sorge ich mich allerdings nicht.

Nimmt die Stadt die Finanzierung des Gebäudes wichtiger als die der Konzerte?

Nein. Denn die 3,6 Milllionen, die die Stadt für den Betrieb zuschießt, sind ja eine große Summe. Dass es anderswo Konzertsäle gibt, die mit fünf, sechs oder sieben Millionen bezuschusst werden, stimmt. Wir werden eben mehr Sponsorengelder auftreiben müssen. Ich kann mit dieser Summe gut leben.

Was müssen die 3,6 Millionen konkret abdecken?

Die Kosten für die Orchester und veranstaltungsbezogene Technik: Licht, Heizung, Klimaanlage während des Konzerts.

3,6 Millionen Euro reichen also locker für hochkarätige Konzerte samt Beleuchtung?

„Locker“ vielleicht nicht, aber sie reichen. Wenn wir zusätzlich 1,5 Millionen Sponsorengelder akquirieren, kommen wir aus. Und wenn wir eine Platzauslastung von mehr als den prognostizierten 75 Prozent erreichen, wird es noch leichter.

INTERVIEW PETRA SCHELLEN

Fotohinweis:CHRISTOPH LIEBEN-SEUTTER, 43, seit 2007 Generalintendant von Elbphilharmonie und Laeiszhalle.

FOTO: DPA