Die „Glocke“ voller Höllenhunde

Mit einem furiosen „Orpheus“ gewinnt das Musikfest an Fahrt. 18 Konzerte – sechs davon „Umzu“ – folgen noch

Der Schrei des Orpheus durchbricht die Musik: Dies „Eurydice!“ ist ein rauer Verzweiflungsruf, der der konzertanten Aufführung der gleichnamigen Gluck-Oper, im Rahmen des Musikfestes in der „Glocke“, eine herbe Intensität verleiht.

Selbst eine szenische Umsetzung könnte sie kaum steigern. Dann freilich relativiert sich die Begeisterung für Stefano Ferraris Orpheus-Gesang: Als er auch die lyrischen Sehnsuchts-Seufzer nach der verstorbenen Gattin mit angerauter Kehle von sich gibt, ist klar: Statt eines dramatischen Stilmittels hat man es mit einer nicht eben einwandfreien Stimmführung zu tun.

Gleichwohl ist hier eine umwerfende Mythos-Vertonung zu erleben. Der junge Jérémie Rhorer entreißt seinem „Cercle de L‘Harmonie“ scharf kontrastierte Effekte, und wie sich der „Choeur Les Éléments“ in eine Höllenhund-Meute verwandelt, die die Unterwelt-Pforte blockiert, macht ihn zum überzeugendsten vokalen Akteur – obwohl Magali Léger und Maria Wesseling ebenfalls erstklassig sind.

Den entscheidenden Nachteil der Aufführung hat ohnehin allein der Librettist zu verantworten: Das hollywoodeske Happy End durch Eurydices Doch-noch-Auferstehung. Im Gegensatz zum Mythos selbst oder auch zu Monteverdis „Ur-Oper“ betrügt sie die ZuhörerInnen um die Existentialität der ganzen Angelegenheit. Henning Bleyl