Mehr Muskeln für die Ärmsten

Der Gipfel zur Entwicklungshilfe in Ghanas Hauptstadt Accra vereinbart eine bessere Zusammenarbeit. Weltbank und Großbritannien starten Initiative „Transparency for Aid“

BERLIN taz ■ Zufriedenheit bei den Geberländern, Enttäuschung bei zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Afrika – mit dieser gemischten Bilanz gingen die über 1.000 Teilnehmer der internationalen Konferenz über effektivere Entwicklungshilfe in Ghanas Hauptstadt Accra am Donnerstagabend auseinander. Erwartungsgemäß verabschiedeten die Delegierten aus über 100 Ländern eine „Accra Agenda for Action“ (AAA), in der die reichen Geberländer den armen Empfängerländern eine stärkere Kontrolle von Entwicklungszusammenarbeit und eine bessere Zusammenarbeit zusagen.

Drei Prioritäten werden darin genannt. Zum Ersten soll das Prinzip „Ownership“ dafür sorgen, dass Regierungen von Empfängerländern ihre Politik selbst gestalten und die Entwicklungszusammenarbeit von außen unterstützend, nicht diktierend wirkt. Zum Zweiten sollen die Prozesse der Politikgestaltung in den Entwicklungsländern demokratischer werden, mit funktionierenden Institutionen und der Berücksichtigung lokaler Erfahrungen. Und zum Dritten wollen die Geberländer sich besser miteinander absprechen.

„Afrika kann am besten beurteilen, welche Art von Zusammenarbeit es mit den Geldgebern will“, erklärte Obiageli Ezwkwesili, Afrika-Vizepräsidentin der Weltbank. „Es geht nicht um die Summe von Geld, sondern um seine Wirkung.“ Afrikanische Regierungen sollten die Verantwortung für die Verwaltung von Entwicklungshilfezahlungen und von ausländischen Investitionen übernehmen, einschließlich derer aus Indien und China. Ghanas Präsident und Gipfelgastgeber John Kufuor sagte, Entwicklungszusammenarbeit müsse die Kapazitäten von Regierungen und Verwaltungen stärken und in Empfängerländern „ökonomische Muskeln“ aufbauen. Die US-Regierung sagte, die AAA „wird helfen, unsere Hilfe zu verbessern und unsere Zusammenarbeit mit den ärmsten Ländern stärker an Ergebnissen auszurichten“.

Die Weltbank und die britische Regierung stellten in Accra eine Transparenzinitiative für Entwicklungshilfe namens „Transparency for Aid“ vor, ähnlich der 2002 von Großbritannien ins Leben gerufenen Transparenzinitiative Eiti für die extraktiven Industrien wie Bergbau und Ölförderung. Die neue Initiative soll Geberländer zu mehr Offenheit bei der Planung ihrer Entwicklungszusammenarbeit zwingen, damit Empfängerländer eine bessere Grundlage für ihre eigene Planung bekommen. Die Einzelheiten aller Zielsetzungen, Kosten und Abläufe von Entwicklungshilfeprojekten sollen veröffentlicht werden.

„Wenn die Leute sehen können, wohin Hilfe fließen soll, und wenn sie nachfragen können, ob sie gewirkt hat, verringert sich der Spielraum für Korruption“, erklärte der britische Entwicklungsminister Douglas Alexander. In Uganda habe dies bereits bewirkt, dass der Anteil von Entwicklungshilfe im Bildungsbereich, der direkt an Schulen fließt, von 20 Prozent im Jahr 1995 auf 80 Prozent 2001 gestiegen sei.

Internationale Organisationen wie Oxfam oder der deutsche Evangelische Entwicklungsdienst EED begrüßten die Ergebnisse des Accra-Gipfels als Schritt in die richtige Richtung. Manche nichtstaatlichen Akteure aber zeigten sich enttäuscht. Ein Bündnis von 80 ghanaischen und internationalen zivilgesellschaftlichen Gruppen veröffentlichte eine böse Karikatur zur Entwicklungshilfe: eine menschliche Pyramide, in der ein Geber an der Spitze sitzt und die Menschen unter ihm mit allen möglichen Konditionalitäten fesselt. „Die Akrobaten zeigen, dass der Accra-Gipfel eine Show ist, mit dem Schein von Verhandlungen, aber wenig fortschrittlichen Ergebnissen“, hieß es im Begleittext. DOMINIC JOHNSON