Aufschwung der anderen

Auf dem Papier sind Menschen mit Behinderungen den anderen gleichgestellt. Im Arbeitsleben sieht’s anders aus

Trotz gesetzlicher Gleichstellung sind Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben immer noch stark benachteiligt. „Sie haben am Aufschwung am Arbeitsmarkt nicht teilgehabt“, kritisierte Manfred Schwetje, Direktor des Diakonischen Werks der Landeskirche Hannovers am Montag. Viele Berufstätige mit Handicap arbeiteten in Werkstätten, die an Heime angeschlossen sind und hätten beruflich keine Wahlmöglichkeit. Zudem müssten weit mehr behindertengerechte Wohnungen außerhalb von Heimen geschaffen werden, forderte Schwetje. In Niedersachsen leben mehr als 641 000 Menschen mit einer schweren Behinderung, also jeder zwölfte Einwohner.

Somit handelt es sich um eine relevante Bevölkerungsgruppe und keine verschwindend kleine Minderheit. Die noch bis Sonntag laufende „Woche der Diakonie“ unter dem Motto „Mitten im Leben“ soll behinderten Menschen in der Gesellschaft Gehör verschaffen. In Deutschland seien viel zu lange Konzepte von Politik und Wohlfahrtsverbänden entwickelt und verordnet worden, statt die Betroffenen einzubinden, räumte Schwetje ein. Dabei könnten Menschen mit Behinderung ihre Wünsche und Ziele selbst formulieren. Das taten sie auch am Montag in Hannover. Detlev Monse etwa kritisierte, dass seine Arbeit in einer Werkstatt nur als Beschäftigung angesehen und entsprechend gering entlohnt werde. Als spastisch Gelähmter verdiene er monatlich unter 100 Euro. Rollstuhlfahrerin Waltraud Heißler bemängelte, dass in Hannover immer noch zu wenige behindertengerechte Straßenbahnen unterwegs seien. Die meisten Passanten seien beim Ein- und Aussteigen zwar hilfsbereit, aber sie könne nicht immer mit Hilfe rechnen. DPA