heute in bremen
: Ein Tag Jahresurlaub

Im „Working Class Café“ berichtet eine Gewerkschafterin aus New York über kreative Arbeiterkämpfe

taz: Frau Basile, erst Starbucks, nun papierlose Lagerhelfer – wie schaffen Sie es, Arbeiter zu organisieren, wo konventionelle Gewerkschaften scheitern?

Stephanie Basile, „Industrial Workers of the World“: Andere Gewerkschaften setzen auf die Gerichte, sind sehr bürokratisch und kümmern sich nur um Betriebe, in denen sie einen hohen Organisationsgrad erreichen. Wir arbeiten auch mit nur einem Beschäftigten. So konnten wir etwa eine Menge Niederlassungen von „Starbucks“ organisieren, was lange als unmöglich galt. Außerdem arbeiten wir mit freien Radiosendern, spontanen Streiks, Stadtteilvereinen und ökonomischem Druck.

Ökonomischer Druck?

Im Fall unserer letzten großen Kampagne für lateinamerikanische Lagerarbeiter in der Lebensmittelindustrie haben wir die Kunden dazu gebracht, die Lieferungen nicht anzunehmen. Es handelte sich um einen Meeresfrüchte-Großhandel, der überwiegend exklusive Restaurants an der Ostküste beliefert. Die fürchteten um ihr Image und haben sich gefügt.

Was hat die Firma ihren Lagerarbeitern denn bezahlt?

Der Mindestlohn in New York liegt bei 7,25 Dollar, für Überstunden 10,15 Dollar. Die undokumentierten Arbeiter bekamen höchstens fünf – und arbeiten 60 bis 100 Stunden pro Woche.

Und wie viel haben Sie durchgesetzt?

Den Mindestlohn. Und einen Tag Jahresurlaub. Vorher gab es gar keinen.

Mussten die Streikenden nicht fürchten abgeschoben zu werden?

Doch, aber wenn sich die Arbeiter zusammentun, ist das für die Behörden nicht so leicht. Und wenn ein Unternehmen sich nicht in den ersten drei Tagen eine Arbeitserlaubnis zeigen lässt, dann macht nur die Firma sich der illegalen Beschäftigung schuldig.

Und wer ist als Nächstes dran?

Fahrradkuriere und papierlose Putzkräfte in Hotels. Die sind in New York auch nicht organisiert.

Fragen: cja

20 Uhr, Buchtstraße