Nur Fliegen ist schöner – und teurer

Fliegen ist gar nicht mehr so billig. Wegen der hohen Kerosinpreise sollen die Preise um bis zu 20 Prozent steigen. Das hat auch Auswirkungen auf den Berlin-Tourismus. Erstmals seit Jahren wächst die Zahl der Übernachtungen langsamer

Viele Wachstumsbranchen hatte Berlin in den vergangenen Jahren nicht zu bieten. Aber immerhin ein Bereich boomte: der Tourismus. MoMa, Fußball-WM und nicht zuletzt Eisbär Knut sorgten Jahr für Jahr für zweistellige Zuwachsraten. Nun gibt es erstmals einen Dämpfer. Im ersten Halbjahr 2008 schliefen 3,68 Millionen Gäste in den rund 95.000 Hotelbetten; das waren nur noch 2,4 Prozent mehr als im ersten Halbjahr des Vorjahrs. Und auch der Flugverkehr von und nach Berlin wächst nicht mehr so rasant. Bedeutet das Ende der Billigfliegerei auch das Ende des Berliner Tourismusbooms?

Deutschen Touristen sei Berlin bereits seit einiger Zeit nicht mehr so sehr „eine Reise wert“, sagte Berlins oberster Tourismuswerber Hanns Peter Nerger. Die leichten Plus-Zahlen seien durchweg den internationalen Berlin-Besuchern zu verdanken. Doch nun seien auch die Billigflieger nicht mehr so voll besetzt wie sonst.

Und tatsächlich: Wegen der hohen Kerosinkosten rechnet der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften mit einem Nachfragerückgang von fünf bis sieben Prozent. Bis zu 20 Prozent dürften die Durchschnittspreise steigen. Flughafen-Chef Rainer Schwarz betonte zwar, dass die Berliner Flughäfen noch immer „deutlich schneller als der Durchschnitt aller deutschen Flughäfen“ wachsen würden. Aber auch er rechnet „mit einem abgeschwächten Wachstum“ für das zweite Halbjahr.

Bei immer mehr Reisenden hat sich herumgesprochen, dass die Zeit der massenweisen Billigfliegerei zu Ende geht. Während eine Fluggesellschaft für die Tankfüllung einer Boeing 737, die von Berlin nach Las Palmas fliegt, vor drei Jahren noch etwa 5.000 Euro zahlen musste, sind es nun 12.000 Euro. Air-Berlin-Sprecher Nikolaus Nowak versicherte, dass es auch in Zukunft günstige Flüge geben wird – fügte aber gleich im nächsten Satz hinzu: Die Annahme, dass beim Fliegen insgesamt wieder das Preisniveau von vor einem Jahr erreicht wird, sei „illusionär“.

Nerger will dennoch nicht in Trübsal versinken. Die Attraktivität Berlins sei weiter ungebrochen, gab sich der bis Ende des Jahres amtierende Geschäftsführer der Berlin Tourismus Marketing GmbH optimistisch. Er führt die schwächere Entwicklung auf die insgesamt schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurück. Dank zahlreicher Kulturangebote rechnet er mit einem „starken Herbst“, um im gesamten Jahr doch noch die vorhergesagten rund fünf Prozent Wachstum zu erreichen.

Zugleich weist er auf auf ein verändertes Touristenverhalten hin. Heutzutage seien die Gäste weitaus weniger berechenbar als früher. Viele Touristen würden sich spontan für eine Reise entscheiden, so Nerger – meist übers Internet. So habe es in diesem Jahr Monate mit einem Zuwachs von 10 Prozent gegeben, andere Monate endeten hingegen mit einem Minus. FELIX LEE