Der Frauenversteher

Günter Struve, ARD-Patentekel und Programmdirektor, geht in den Ruhestand. Wir vermissen ihn schon jetzt

Die aktuelle Berichterstattung zur Kirch-Firma Sirius, die der ARD den Fußball wegzudribbeln drohte, hat er natürlich „mit Wonne gelesen“: Dass da ein Geschäftsführer an die Luft gesetzt werde, sei „doch auch kein ganz alltäglicher Vorgang“ – Günter Struve war es ein Volksfest.

Doch auch die eigene Personalie ist nicht alltäglich: 16 Jahre war Struve ARD-Programmdirektor, alles war seine Schuld. Und er hat sie gern auf sich genommen: „Wenn Sie jemanden hauen wollen, nehmen Sie mich, meine Nase ist schon platt.“

Günter Struve hatte in der ARD beinahe keine natürlichen Feinde mehr, jetzt verliert der Senderverbund seinen schlimmsten Programmmacher und begnadetsten Zyniker – ein Verlust auch für den Unterhaltungswert der Pressekonferenzen. Dass er nun doch nicht wie versprochen bis zum Sommer eine Lösung für das leidige Thema Anfangszeit der „Tagesthemen“ präsentieren konnte, wischt Struve nonchalant wie immer weg („Ich hatte ja nicht gesagt, in welchem Sommer“), lästert über einen abwesenden Stern-Kollegen und freut sich ausgiebig über die „Saure Gurke“, die ihm die öffentlich-rechtlichen Programmfrauen noch eben fürs Lebenswerk verliehen haben: „Ich habe immer versucht, die Frauen zu verstehen, jetzt ist es mir gelungen“, so Struve. Die hätten nicht wirklich was dagegen, dass sich in den freitäglichen Degeto-Schmonzetten „starke Frauen gegen schwache Männer durchsetzen“, sondern, zitiert Struve eine Jurorin, dass „die sich dann am Ende verlieben und einige sogar heiraten“.

Und dann packt der Mann mit der platten Nase wieder sein Alter Ego des schleswig-holsteinischen Bauern aus: Er will keine Blumen zum Abschied, große Galas schon gar nicht. Interviews macht er auch nicht: „Es gibt ein Bier, und das ist es schon.“ – Das klingt wie Bescheidenheit und ist Koketterie in Vollendung. Der ARD halbwegs erhalten bleibt Struve eh: Er will an die Westküste der USA, wo er Familie hat. Programmscout zu sein, ist einer seiner älteren Träume. Und natürlich Opernhausdirektor: „Wenn Sie da ein herrenloses Opernhaus kennen, würd ich schwach. Es dürfte sogar Detmold sein.“ Die große Oper namens ARD-Programm inszeniert ab November ein anderer. STG