Gericht stoppt Wahl-O-Mat in Bayern

Weil die Umweltpartei ÖDP sich diskriminiert fühlte, entschied jetzt ein Gericht: Auch Splitterparteien müssten im Wahl-O-Mat auftauchen. Schließlich werde das Internetangebot für Unentschlossene von öffentlichen Stellen betrieben

BERLIN taz ■ Es ist eine der beliebtesten Adressen, bei der sich Bürger vor einer Landtagswahl im Internet informieren: der Wahl-O-Mat der Landeszentralen für politische Bildung. Vor der Bayern-Wahl wird es das Angebot nun nicht geben. Das Münchner Verwaltungsgericht gab am Dienstag einem Antrag der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) statt, die in dem Angebot nicht berücksichtigt war und sich diskriminiert sah.

Das Internetangebot sollte vor allem Erstwählern den Zugang zur Politik erleichtern. Anhand einer Auswahl von Thesen können sie testen, mit welcher Partei sie am meisten übereinstimmen. Die Bundeszentrale für politische Bildung hatte erstmals zur Bundestagswahl 2002 einen Wahl-O-Mat online gestellt. Das Programm war mit drei Millionen Zugriffen ein Riesenerfolg; es folgten Versionen zu Landtags- und Europawahl – den ersten Landes-Wahl-O-Mat gab es 2003 in Bayern, wo er 90.000 Nutzer fand.

In den diesjährigen Wahl-O-Mat hat der Bayerische Jugendring gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung alle im Landtag vertretenen Parteien aufgenommen sowie die Parteien, die in den Umfragen bei über 3 Prozent lagen. Damit waren auch die Linkspartei und die Freien Wähler in dem Onlinetest berücksichtigt.

Die ÖDP bemängelt, dass mit der Bundes- bzw. Landeszentrale für politische Bildung hinter dem Wahl-O-Mat eine öffentliche Stelle stehe. „Eine Körperschaft öffentlichen Rechts kann nicht einfach eine Partei ausblenden“, sagt Urban Mangold, Landesgeschäftsführer der ÖDP, der taz. Das sah auch das Gericht so und verhängte eine einstweilige Verfügung: „Bei dem Wahl-O-Mat handelt es sich um eine völlig neue Form staatlichen Handelns im Zusammenhang mit Wahlen“, heißt es darin. „Der Wahl-O-Mat ist faktische Wahlempfehlung und nicht nur bloße Informationsquelle.“

Ganz überraschend dürfte dieser Beschluss für die Landeszentrale nicht sein: Kurz vor dem Gerichtsentscheid gab es die Regie über den Wahl-O-Mat an den Bayerischen Jugendring ab – ein Indiz dafür, dass sie das Problem geahnt hatte. Das Abschieben ändert jedoch nichts daran, dass das Programm von einer öffentlichen Stelle entwickelt wurde.

ÖDP-Landesgeschäftsführer Mangold erklärt, er habe den Wahl-O-Mat nicht habe platzen lassen wollen. „Das ist prinzipiell ein tolles Instrument.“ Die Partei wolle nur einbezogen werden.

Dies wiederum lehnen die Macher ab. Würde man alle Kleinstparteien einbeziehen, bräuchte man wesentlich mehr Thesen, um den Nutzern überhaupt Übereinstimmungen anzeigen zu können. „Die Benutzung würde statt 15 Minuten eine Stunde dauern“, sagt Miriam Vogel, Sprecherin der Bundeszentrale. Damit würde das Angebot seinen Zweck als erste Orientierung vor allem für junge Wähler verfehlen.

In der Bundeszentrale für politische Bildung befürchtet man nun, dass in Bayern ein Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Bisher hatten interne Gutachten der Bundeszentrale die Rechtmäßigkeit des Angebots bescheinigt. BERND KRAMER