Die Denglisch-Manie ist lächerlich

betr.: „Mühlhausen rettet die deutsche Sprache“, taz vom 6. 9. 08

Wie jede lebendige Sprache ist Deutsch das Ergebnis vielfältiger sprachlicher Einflüsse und wird auch weiterhin die jeweilige gesellschaftliche Realität und die herrschenden Machtverhältnisse widerspiegeln – vielleicht würzen wir demnächst unsere Sprache mit chinesischen Ausdrücken!

Worum es in erster Linie geht, sind die „entbehrlichen Anglizismen“, die deutsche Allerweltsbegriffe ersetzen. Was ist der Zugewinn, wenn ich aus einem Faltblatt bzw. Flugblatt einen „Flyer“ mache? Warum muss eine öffentliche Übertragung „Public Viewing“ heißen? Warum werden Flüge heutzutage „gecancelt“ und nicht einfach gestrichen? Was ist „Wishful Thinking“ anderes als Wunschdenken und der „Worst Case“ anderes als der schlimmste Fall? Früher bekam die Sängerin stehende Ovationen, heute „Standing Ovations“ – hören die sich anders an? Warum muss der Staat „Incentives“ geben und nicht schlicht Anreize? Und warum lädt mich ein Dresdener Hotel zum „Christstollen Tasting“ ein, wo ich doch eigentlich nur kosten soll? Ich wünsche mir, dass das Beispiel von Mühlhausen Schule macht und wir alle das Selbstbewusstsein aufbringen, die „Denglisch“-Manie nicht als Ausdruck von Weltläufigkeit anzusehen, sondern als das, was sie ist: lächerlich.

BRIGITTE REINHARDT, Bad Honnef

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