Ehrbarer Kaufmanns Klassenkampf

Noch mehr Straßen, aber nicht für Demonstrationen: Der neue Handelskammer-Präses Karl-Joachim Dreyer ist mit Hamburgs Schwarz-Schill-Senat recht zufrieden. Der Gewerkschaft ver.di aber wirft er vor, Unternehmer an den Pranger zu stellen

von SVEN-MICHAEL VEIT

Wer nach anderer Leute Geldbeutel schielt, bekommt es mit Karl-Joachim Dreyer zu tun. Zumindest dann, wenn es sich um einen Gewerkschafter handelt. Einen „ungeheuerlichen und dumpfen Rückfall in die Steinzeit des Klassenkampfes“ warf der Präses der Handelskammer Hamburg an Silvester der Gewerkschaft ver.di vor. Vor rund 2000 geladenen Gästen bei der traditionellen „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“ in der Handelskammer bezichtigte Dreyer den Hamburger ver.di-Chef Wolfgang Rose der „Brunnenvergiftung“.

Dieser hatte kürzlich vorgeschlagen, durch eine Besteuerung der Vermögen der sieben reichsten HamburgerInnen den städtischen Haushalt zu sanieren. Für Dreyer eine „Kampagne, die erfolgreiche Unternehmer an den Pranger stellt“. Vom Senat forderte der seit Mai als Nachfolger des Reeders Nikolaus Schües amtierende 231. Präses deshalb, „Hamburg zur vermögenssteuerfreien Zone“ zu erklären“.

Der neue Handelskammerchef wolle vom „krassen Missverhältnis zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut ablenken“, konterte Rose gestern. „Eigentum verpflichtet“, deshalb sei es eine Frage der „Gerechtigkeit“, Vermögen von mehr als 500.000 Euro mit einer einprozentigen Steuer zu belegen, beharrte Rose. Diese Maßnahme allein würde den Hamburger Haushalt um etwa eine halbe Milliarde Euro jährlich entlasten, deshalb halte er an dieser Forderung fest.

Für die Rechtskoalition in der Hansestadt fand Dreyer, im Hauptberuf Vorstandschef der Haspa, fast ausnahmslos lobende Worte. Es sei richtig, „die Bildungspolitik wieder auf Leistungskurs zu bringen“, auch bei der inneren Sicherheit zeige „der politische Wechsel Wirkung“. Geschlossene Heime, hartes Vorgehen gegen die offene Drogenszene oder das entschiedene Eintreten gegen den „Missbrauch des Versammlungsrechts“ bei den jüngsten Bambule-Demos seien Gründe genug, um „der Innenbehörde dankbar“ zu sein.

Auch wirtschaftpolitisch gebe es, so der Präses, viel Gutes zu vermelden. Der Ausbau des Airbus-Werkes für den A380, die Einweihung des Container-Terminals Altenwerder und die Planungen für eine erneute Ausbaggerung der Elbe seien unübersehbare Signale „praktischer Vernunft“.

Lediglich bei der Verkehrspolitik hapere es noch, monierte Dreyer. Die innerstädtischen Ringe 2 und 3 müssen zügigst ausgebaut werden, forderte er. Auch überregional liege noch manches im Argen: Die Hafenquerspange, die A26 nach Stade, den nördlichen Autobahnring um Hamburg sowie den Brückenschlag über den Fehmarn-Belt mahnte Dreyer nachdrücklich an. Zufrieden hingegen zeigte er sich mit der projektierten U-Bahn in die HafenCity. Diese sei geradezu „ein großer Wurf“.

Jetzt müsse Hamburg nur noch die Olympischen Spiele 2012 zugesprochen bekommen. Dann sei vor aller Welt sichtbar, dass die Elbmetropole „sich nicht für den Wettbewerb ‚Unser Dorf soll schöner werden‘ rüstet“.