Lieber rot als rot

Die Wahl des Schweriner Oberbürgermeisters ist eine Schlappe für die Konservativen. Eine Stichwahl wird in zwei Wochen entscheiden, wie links der zukünftige Chef der Landeshauptstadt sein darf

Mit 38,1 Prozent der Wählerstimmen lag Gottfried Timm (SPD) nur knapp unter dem Ergebnis von Angelika Gramkow (Linke), für die 38,2 Prozent der Schweriner votierten. Mit 15,8 Prozent der Wählerstimmen landete der parteilose, aber von der CDU unterstützte Hans-Peter Kruse auf Platz drei. Der Vertreter der Unabhängigen Bürger, Frank-Peter Krömer, erzielte drei Prozent. Der ehemalige Nachtklubbesitzer Fredi Sonnenschein, alias Fred Kriebel, wurde von 2,3 Prozent der Schweriner gewählt. Dagegen trauten Andreas Helms nur 2,2 und Volker Goebel nur 0,4 Prozent der Wähler das Amt des Oberbürgermeisters zu. UG

VON UTA GENSICHEN

Mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen endete am Sonntag in Schwerin die Wahl des Oberbürgermeisters. Insgesamt gaben 43,8 Prozent der Bürger ihre Stimme ab – exakt dieselbe Quote hatte die vergangene Bürgermeisterwahl vor sechs Jahren erzielt. Und genau wie 2002 erreichte erneut keiner der zugelassenen Kandidaten im ersten Durchgang die absolute Mehrheit. Am 28. September startet deshalb eine Stichwahl, in der Angelika Gramkow (Linke) und Gottfried Timm (SPD) noch einmal gegeneinander antreten werden. Timm unterlag Gramkow im ersten Durchgang nur knapp mit 38,1 zu 38,2 Prozent der Wählerstimmen.

Entscheidend für den Ausgang der anstehenden Wahl in zwei Wochen dürfte die Reaktion der anderen Parteien sein. Der Kreisverband der Grünen hatte SPD-Politiker Gottfried Timm mangels eines eigenen Kandidaten bereits im Vorfeld Unterstützung zugesichert. Jetzt hoffen die Sozialdemokraten außerdem auf eine Wahlempfehlung von der CDU. Deren eigener OB-Kandidat, der parteilose Unternehmer Hans-Peter Kruse, kam mit 15,8 Prozent der Wählerstimmen gerade mal auf den dritten Platz.

Obwohl die Partei noch in dieser Woche über ihr Verhalten beraten will, machte CDU-Kreischef Gerd-Ulrich Tanneberger bereits Andeutungen. „Ich halte eine Wahlempfehlung für den ehrlichsten Weg“, sagte der Schweriner Christdemokrat noch am Wahlabend. Mit diesem Schritt würden sich Konservative und Sozialdemokraten wieder einmal gemeinsam gegen den politischen Aufstieg der Linken im Schweriner Rathaus wehren.

Bereits bei der vergangenen Bürgermeisterwahl 2002 hatte die SPD eine Wahlempfehlung für den CDU-Mann Norbert Claussen abgegeben – um dem Linken-Kandidaten zu schaden.

Doch nicht nur der Leumund anderer Parteien, sondern mehr noch die Lebensläufe der beiden Kandidaten werden den Ausgang der Stichwahl wesentlich bestimmen. So geht mit Ex-Innenminister Gottfried Timm ein Politprofi ins Rennen, der vor allem mit seiner Routine auf Landesebene wirbt. „Ich habe mehr Verwaltungserfahrung“, sagt Timm über seine politischen Vorzüge. Die Linke Angelika Gramkow hingegen preist ihre Kompetenzen in der Kommunalpolitik an. Die Landtagsabgeordnete und Mitglied der Schweriner Stadtvertretung will nicht nur ein städtisches Klimaschutzprogramm entwickeln, sondern vor allem die Beteiligung der Bürger an Entscheidungen verbessern.

Nicht zuletzt waren es basisdemokratische Mittel, die Angelika Gramkow bis zur Stichwahl gebracht hatten. 44 Prozent der wahlberechtigten Schweriner hatten am 27. April per Bürgerentscheid dafür votiert, ihren Stadtchef in die politische Wüste zu schicken: Norbert Claussen war für Verwaltungspannen im Fall der verhungerten Lea-Sophie verantwortlich gemacht worden.

Damals übernahm sein Stellvertreter, Baudezernent Wolfram Friedersdorff, die kommissarische Leitung des Oberbürgermeister-Amtes in Schwerin. Die Wahlkämpfe der nächsten Wochen werden entscheiden, ob der Linke-Politiker seine Aufgabe an die Genossin Gramkow oder an den sozialdemokratischen Landespolitiker Timm abgeben muss.