Ketchup, bitte!

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Tim’s Canadian Deli am Berliner Winterfeldtplatz ist meist knallvoll. Warum eigentlich?

Samstag. Aufwachen, räkeln, wieder einschlafen? Aber nein! Der Samstag ist unter den Tagen der Woche ein Wolf im Schafspelz. Tut harmlos, als hätte man frei. In Wirklichkeit beginnt das Rennen im eng getakteten Zeitplan. Reinigung, Einkaufen, Balkon putzen und so weiter und so lästig fort. Manche Samstage sind anstrengender als drei Wochentage zusammen. Dabei will man doch einfach mal in Ruhe die Freunde treffen.

Gut also, dass man am Winterfeldtmarkt in Berlin-Schöneberg samstägliche Aktivitäten miteinander kombinieren kann – vor allem bei gutem Wetter. Am späten Vormittag noch ein paar Lebensmittel und Blumen auf dem Markt besorgen und sich danach mit Freunden zum Schnack im Café an der Ecke treffen, heute mal: im Tim’s.

Das ist nicht nur samstags knallvoll, auch an normalen Wochentagen sitzen sehr viele Leute auf der Terrasse. Alle tragen Sonnenbrillen, ansonsten scheint den Gästen nicht viel gemein.

Das spricht zunächst für die Lage, sonst für nichts. Obwohl Tim’s die halbe Stadt mit recht anständigen Brownies und Kuchen beliefert, wird man doch bei der Kombination aus „Tim“ und „Canadian“ stutzig, vor allem wenn der Schriftzug rot ist und nach rechts neigt. Ganz Kanada säuft nämlich Kaffee von Tim Horton, dem dortigen Pendant zu Starbucks. Zufall – oder wenig originelle Idee?

Wenig inspiriert ist definitiv die Speisenkarte. Hier gibt es fast alles – ein schlechtes Zeichen. Zum Frühstück kann man zwischen gefühlten viertausend Bagelkombinationen, Pfannkuchen und Eierspeisen wählen. Leider sind die beiden Extreme, die wir gewählt haben, beide schlecht. Grottenschlecht. Die Bedienung bringt Apfelpfannkuchen an den Tisch, die angeblich selbstgemacht und frisch sind, aber so aussehen und schmecken, als kämen sie direkt aus der Kühlung. Das Rührei mit Huhn in Chilisauce und Bratkartoffeln ist eine geschmackliche Katastrophe. Die Soße passt nicht zum Ei, die Kartoffeln sind eilig aufgewärmt.

Das Ketchup wäre hier tatsächlich mal eine Rettung, aber das schafft es gar nicht erst zum Tisch. Das hat die Bedienung nämlich aus Versehen einem Gast vor die Füße geworfen. Der trägt eine weiße Hose, ist entsprechen genervt und verlässt Tim’s ohne zu zahlen.

Genervt sind wir auch. Vom Essen, vom Service, selbst die anderen Gäste schauen wir hungrig und schräg an. Wir bezahlen trotzdem und verschwinden. Nächstes Mal treffen wir uns wieder im April, ein paar Schritte entfernt, aber Welten besser.

TIM’S CANADIAN DELI, Maaßenstr. 14, 10777 Berlin, Tel. (030) 21 75 69 60, www.tims-winterfeldtplatz.de, U Nollendorfplatz, tgl. bis 24 Uhr, Cappuccino 2,35 €, Apfelpfannkuchen 6,60 €, Frühstück Eggscelent/CSP 8,20 €