Politischer Neuanfang in Harare

Nach langwierigen Verhandlungen unter südafrikanischer Vermittlung schließen die bisherigen politischen Rivalen ein schwieriges Zweckbündnis

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Mit der Verabschiedung eines Abkommens über die Bildung einer gemeinsamen Regierung hat am Montag ein neues Kapitel in der Geschichte Simbabwes begonnen. Mehr als 3.000 geladene Gäste reagierten mit starkem Applaus, als Präsident Robert Mugabe und sein ehemaliger Rivale, Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, den nach langem Tauziehen ausgefeilten Vertrag im Internationalen Konferenzzentrum in Simbabwes Hauptstadt Harare unterzeichneten. Arthur Muthambara, Führer einer Abspaltung „Bewegung für demokratischen Wandel“ (MDC), setzte ebenfalls seine Unterschrift unter das Dokument, das erstmals seit Simbabwes Unabhängigkeit 1980 eine Teilung der politischen Macht besiegelt.

Lächelnde Gesichter bei den einstigen politischen Gegnern aller drei Parteien können jedoch nicht über die Tatsache hinweg täuschen, dass ein schwieriger Weg beschritten worden ist. Die im Vertrag niedergelegten Bedingungen der Einheitsregierung bedeuten ein Kompromiss für alle Beteiligten und ein gewagtes Stück Neuland: Zwei Machtzentren um Mugabe und Tsvangirai sollen für ein Gleichgewicht in der Regierung sorgen. Mugabe bleibt als Staatsoberhaupt im Amt und führt zudem das Kabinett und die Streitkräfte; MDC-Chef Tsvangirai erhält die Befehlsgewalt über die Polizei. Er leitet die täglichen Regierungsgeschäfte als Premierminister nach französischem Vorbild. Zudem führt er einen neu eingerichteten Ministerrat mit 31 Mitgliedern ohne Mugabes Präsenz. Zusammen mit der MDC-Fraktion unter Arthur Mutambara besitzt Tsvangirais MDC einen Ministerposten mehr.

Die Aufteilung der Ministerposten nach politischen Lagern entscheidet über das Stück Macht, das der neue Premierminister erhält. Das Abkommen sei das Produkt eines schmerzhaften Kompromisses gewesen, sagte Tsvangirai in seiner ersten Ansprache als Premier. Es biete keine sofortige Abhilfe für die Probleme Simbabwes. Aber seine Hoffung auf ein „friedliches und demokratisches Simbabwe“ sei stärker gewesen, als die Trauer über das unnötige Leiden der letzten Jahre.

Tsvangirai hatte bei den seit Juli mit Unterbrechungen andauernden Verhandlungen unter Führung des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki immer wieder versucht, seinen Einfluss in einer künftigen Regierung stärker auszudehnen. Tsvangirai hatte bei den Wahlen im März die Mehrheit im Parlament knapp gewonnen, und mehr Stimmen als Präsidentschaftskandidat Mugabe erhalten. Er war nicht über die 50 Prozent gekommen, ging aber davon aus, dass ihm das Präsidentenamt damit zustünde. Und wären die Wahlen demokratisch verlaufen, hätte er mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich gewonnen, heißt es. Tsvangirai war wegen zunehmender Gewalt gegen seine Anhänger nicht mehr zur Stichwahl mit Mugabe angetreten, der dann als alleiniger Kandidat siegte und sich zum Präsidenten erklärte.

Auch Mugabe bestätigte gestern in seiner Rede im Rainbow Towers Hotel in Harare, das es eine „Menge Dinge“ in dem Vertrag gebe, die beiden Führern nicht zusagten. Doch sie würden zusammenarbeiten, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Interne Auseinandersetzungen werden indes anhalten. „Der Premierminister kann Mugabe beraten, Minister ernennen und als Ratsvorsitzender die Arbeit des Kabinetts überwachen“, sagte Siphomandla Zondi vom Institut des Globalen Dialogs in Johannesburg. „Tsvangirai wird sich auf die Umsetzung der Politik konzentrieren und Mugabe als Kabinettsoberhaupt die allgemeine Richtung für die Regierung vorgeben.“

Simbabwes neue Regierung hofft auf möglichst baldige Aufbauhilfe des Westens, denn das Land leidet unter einer Inflation von 11,2 Millionen Prozent. Die Europäische Union will die Einzelheiten des Abkommens noch nach dem „Teufel im Detail“ untersuchen, ehe sie Finanzhilfen beschließt und die Sanktionen aufhebt.