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: Böse Musen, arbeitslos

Wie der Filmbüro-Chef Luigi doch noch verhinderte, dass sich Frida mit der Arbeitgeberseite identifizierte

Jetzt ist auch meine beste Freundin Frida wieder arbeitslos. „Ich bin gefeuert!“ lautete die SMS, die sie an alle schickte, die ihre Arbeitssuche mit Wärme und Interesse verfolgt hatten. Fünf Tage hatte sie diesen neuen Job. Die Kollegen in der klitzekleinen internationalen Filmfirma fanden sie jedoch „nicht inspirierend“, teilte der Chef bedauernd mit. Das „Feeling“ habe nicht gestimmt. Anders sei das ja bei der letzten Praktikantin gewesen: Der zuliebe seien die Kollegen sogar länger im Büro geblieben.

„Hätte ich gewusst, dass ich als Muse und nicht als Rechercheurin angestellt wurde, hätte ich mich drauf eingerichtet“, sagt Frida dazu. Denkbar wäre etwa gewesen, nach einigen Tagen Inspiration und gutem Feeling alle aktuellen Filmbänder in der Toilette zu versenken. Oder die Festplatten mit den Aufzeichnungen aller Bundestagsdebatten seit 1963 zu überspielen. Oder eingehende Anrufe damit zu beantworten, dass die Jungs mangels regelmäßiger sexueller Stimulation derzeit leider keine Aufträge annehmen können. Dann hätte sie immer noch selbst kündigen können.

Was war passiert? Offenbar hatte ihr neuer Chef Luigi versäumt, sich rechtzeitig mit seinen Kollegen über die gewünschten Qualitäten der einzigen weiblichen Kraft zu verständigen und Frida mit, sagen wir, Angelina Jolie verwechselt. Schließlich hatte er sich beträchtliche Mühe gemacht, Frida die Stelle überhaupt zu schaffen. Immerhin war er wochenlang mit ihr durch Behördenflure geschlurft und hatte sich diversen Instanzen der Inquisition gestellt, was seine Befähigung anging, Frida überhaupt zu beschäftigen. Schließlich handelte es sich nicht um irgendeinen Job, sondern um einen staatlich geförderten – möglich gemacht durch magische Vorgänge zwischen Arbeits- und Sozialamt sowie einem Jobsuchcenter.

Seitdem Frida nämlich die vom Arbeitsamt finanzierte Weiterbildung im digitalen Filmbereich fertig hatte, stand sie offenbar auf der Liste der besonders dringend loszuwerdenden arbeitslosen Akademiker. Jedenfalls hieß es plötzlich, wenn sie einen Arbeitgeber davon überzeugen könnte, sie zu nehmen, würde der Staat die Hälfte der Kosten übernehmen. Woraufhin sie zu besagtem Filmbüro lief und so lange auf Luigi einredete, bis er beschloss, sie als Assistentin zu brauchen. Um auch wirklich vollkommen einstellbar zu werden, gab Frida sogar ihren Hund Luce in die Pflegehände ihrer Eltern in der Oberpfalz. Das will wirklich was heißen, denn wenn man erst mal über 30 ist und immerhin fertig studiert hat, ist man eigentlich gar nicht mehr so zu allem bereit.

Dann allerdings mussten hunderterlei Anträge ausgefüllt und persönlich zu Sachbearbeitern getragen werden. Am dritten Tag, den Luigi mit Frida zubrachte, um auch Bearbeitungsgebühren jeweils persönlich zu bezahlen, allerdings nur zu den Kassenzeiten, die mit den Sprechzeiten der Sachbearbeiter wiederum nichts zu tun hatten, war sich Frida sicher, dass er sie schon sehr dringend haben wollen müsste. Zumal ja identische Auskünfte nicht etwa von einer, sondern von vier Instanzen gegeben werden mussten: dem Sozial- und dem Arbeits- ebenso wie dem Bezirksamt und dem Finanzamt.

Frida fand es gefühlsmäßig herausfordernd, einerseits die Haltung und den dazugehörigen Tonfall großer Dankbarkeit und Kooperationsbereitschaft gegenüber den diversen Sachbearbeitern aufrechtzuerhalten, andererseits wachsenden Unmut darüber niederzukämpfen, dass auch Luigi behandelt wurde, als hätte er so viel Zeit wie ein Arbeitsloser. Ideologisch wurde ihre Situation ebenfalls immer schwieriger: Zwar wusste sie, dass auch die Sachbearbeiter alle ihren Arbeitsplatz brauchten und verdienten, und besonders die Damen und Herren beim Sozialamt waren eigentlich ganz reizend, während das Finanzamt die Wege der Wohlfahrt eher blockierte.

Doch dachte Frida plötzlich solche Sätze wie: „Wenn man die Bearbeitungsvorgänge hier auf das Notwendige reduzieren wollte, könnte man genau die Hälfte der Leute rauswerfen, die sowieso doof ist.“ Jedenfalls dürften Arbeitgeber nicht erfahren, wie viel Gerenne Luigi mitmachen musste, dachte sie, sonst würden sie ja keine staatlich geförderten Jobs mehr schaffen.

Nun hat allerdings Luigi selbst dafür gesorgt, dass Frida sich seine Arbeitgeberprobleme nicht mehr zu Eigen machen muss. Eigentlich hat sie nicht die Absicht, sich „auf diesen ganzen Jobbeschaffungsmist“ überhaupt noch einzulassen. Außerdem kann sie endlich Luce wieder zurückholen. „Auf jeden Fall ist es kein Job wert, dass man seinen Hund weggibt“, meint Frida.

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