Saddam-Streit nervt Kanzler

Gerhard Schröder ruft SPD zur Beendigung der Debatte um einen Irakkrieg auf. Innenministerium schließt Soldateneinsatz gegen Demonstranten aus. Bush droht: „Tag der Abrechnung kommt“

BERLIN taz ■ Eben noch hat der Bundeskanzler die Irakdebatte von neuem eröffnet, da wird sie ihm bereits zu viel. Gerhard Schröder mühte sich gestern, Kritik aus der SPD an einer möglichen deutschen Zustimmung zum Irakkrieg im UN-Sicherheitsrat abzubügeln. Es sei Schröders „dringender Appell“, so Regierungssprecher Thomas Steg, „Dinge nicht zur Unzeit zu diskutieren“. Urheber der aktuellen Auseinandersetzung war freilich der Kanzler selbst. Er hatte wie sein Außenminister zu Beginn der Woche das Abstimmungsverhalten Deutschlands in der UNO ausdrücklich als offen bezeichnet.

Die SPD-Landesvorsitzenden von Hessen und dem Saarland erklärten daraufhin ein deutsches Ja im Sicherheitsrat für unvereinbar mit dem rot-grünen Nein im Wahlkampf. Der Saarländer Heiko Maas sagte gestern in der Süddeutschen Zeitung, die Bundesregierung könne nicht gegen einen militärischen Einsatz sein und ihm zugleich im Sicherheitsrat zustimmen, „nur um die Partner nicht zu verprellen“. Ein solches Votum wäre „unschlüssig und nicht nachvollziehbar“. Ähnlich argumentiert auch der SPD-Spitzenkandidat für die hessische Landtagswahl, Gerhard Bökel. Hermann Scheer, Mitglied im SPD-Bundesvorstand, beschrieb Schröders Kurs in der UNO mit den Worten: „Aus deutscher Sicht: nein, aus sonstiger Sicht: ja.“ So gehe es nicht, sagte der Bundestagsabgeordnete. Schröder will in der kommenden Woche Partei und Fraktion in Klausurtagungen auf seinen Kurs einschwören.

Unterdessen versucht das Innenministerium, Bedenken zu zerstreuen, Bundeswehrsoldaten könnten gegen Teilnehmer an Demonstrationen gegen den Irakkrieg eingesetzt werden. Auslöser war eine Anfrage der USA vom Dezember nach bis zu 2.000 deutschen Soldaten zum Schutz amerikanischer Konvois und Kasernen in der Bundesrepublik. Ein Ministeriumssprecher sagte gestern in Berlin, die Soldaten würden US-Einrichtungen schützen, „aber die Steuerung und Ordnung des Demonstrationsgeschehens ist Sache der Polizei“. Die Unterstützung durch die Bundeswehr soll die US-Streitkräfte entlasten. Die ersten achthundert in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten sollen bis Mitte Februar in die Golfregion verlegt werden, wurde gestern in Washington mitgeteilt. Es handele sich dabei um Spezialisten aus Pionier- und Aufklärungseinheiten.

US-Präsident George W. Bush warnte Iraks Diktator Saddam Hussein vor einem Krieg. „Der Tag der Abrechnung kommt“, sagte Bush am Donnerstag auf seiner Ranch in Texas. Es liege allein in den Händen von Saddam Hussein, einen Krieg zu vermeiden. US-Außenamtssprecher Richard Boucher legte Saddam den Gang ins Exil nahe. Der irakische Machthaber müsse „sein Gebaren oder seinen Aufenthaltsort ändern“, sagte Boucher.

PATRIK SCHWARZ

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