„Superstar“ verzweifelt gesucht

Judith geht. Die siechende RTL-Talentshow hat eine Favoritin weniger, die „BamS“ eine Geschichte mehr

Judith hat den „Superstar“-Container verlassen. Freiwillig. Sie halte dem Druck einfach nicht mehr stand, erklärte die 21-Jährige am Samstag via Videoeinspielung dem RTL-Publikum. Dabei habe sie „die Menschen immer nur glücklich machen wollen mit meinem Gesang“.

Wie sie da so saß und das sagte – unbarmherzig angezoomt von einer sehr, sehr neugierigen Kamera –, sah Judith selbst wiederum ziemlich unglücklich aus. Ehrliche Tränen und eine zitternde Unterlippe zur besten Sendezeit. Nichts eigentlich hätte besser in die Choreografie einer „Deutschland sucht den Superstar“-Show passen können.

Dumm nur, dass es mit Judith Lefeber ausgerechnet eine der Favoritinnen war, die – ganz unbeabsichtig – einem Millionenpublikum die Fragwürdigkeit einer solchen Veranstaltung vor Augen führte. Besonders dumm auch, weil die gebürtige Inderin aus Rheda-Wiedenbrück die künstlerischen Herausforderungen des interaktiven Talentschuppens in den vergangenen Wochen geradezu spielerisch gemeistert hatte. Gesanglich war das, kurz gesagt, ziemlich eindrucksvoll. Neben dem Enrique-Iglesias-Abziehbild Daniel Lopes und einer dank Musical-Ausbildung aseptisch professionellen Juliette hatte sie sich in die Ohren der Jury und die Herzen der abstimmenden Zuschauer gesungen. Nicht wenige, die in ihr, wenn schon keinen „Superstar“, so zumindest die Gewinnerin der RTL-Sucherei wähnten.

Weil die Show aber nicht nur sprichwörtlich weitergehen muss, haben die „Superstar“-Verantwortlichen ihren selbstgewählten Abschied flux in die innere Logik der aus Großbritannien importierten Sendung integriert. „Judith hat uns allen bewiesen, dass dieser Wettbewerb wirklich kein Zuckerschlecken ist“, kommentierte ganz in diesem Sinne die erschreckend talentfreie Moderatorin Michelle Hunziker.

Blut, Schweiß und Tränen eben. Nur die Harten kommen in den Garten – und Judith, das „indische Waisenkind“, derweil in die Bild am Sonntag. „Zuviel Stress!“, titelte das Blatt mit einem ziemlich roten Ausrufezeichen über der Porträtaufnahme einer ziemlich verheulten jungen Frau. Wahrscheinlich fängt der Stress für Judith gerade erst an. CLEMENS NIEDENTHAL