In die Tonne mit der Tonne

Dass Altpapier künftig nur noch in der blauen Tonne entsorgt werden soll, ist seit gestern vom Tisch: Die SPD lehnte einen zuvor ausgehandelten Kompromiss ab. Das bedeutet: Alles wieder auf „Los“

Die blaue Tonne ist tot. Gestern lehnte die SPD-Fraktion ab, was zuvor eine Arbeitsgruppe der Großen Koalition mühsam ausgehandelt hatte. Hatte dieser Kompromiss die zwangsweise Einführung einer Altpapiertonne pro Haushalt anstelle der bisherigen Bündelsammlung und den Papiercontainern vorgesehen, gilt seit gestern, so SPD-Umweltpolitiker Joachim Schuster: „Zurück auf Los.“

Begonnen hatte das Hickhack um das Altpapierschicksal mit einer Vorlage aus dem Haus der Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD). Um eine Erhöhung der Müllgebühren zu vermeiden, müsse man sparen, hieß es da. Wischers Vorschlag: Abschaffung der teuren Container, stattdessen Bündelsammlung und die blaue Tonne für die, die sie wollen. Von den 4,5 Millionen Euro, die Bremen für die Altpapierentsorgung in ihrer jetzigen Version berappen muss, gehen allein drei Millionen auf die rund 1.200 Container an ihren 500 Standplätzen. Sie sind so kostspielig, weil das Drumherum-Fegen so umfangreich und ergo teuer ist. Die Papierentsorgung per Bündelsammlung und freiwilliger Tonne würde 3,4 Millionen Euro im Jahr kosten.

Wenn es nun nach der CDU gegangen wäre, blieben die Container dennoch, stattdessen würde die Bündelsammlung abgeschafft. „Denn“, so Viola Mull, umweltpolitische Sprecherin, „die Leute bündeln nicht mehr richtig.“ Die Folge: Papier, lose in Kartons gestapelt und an die Straße gestellt, fliegt rum und trübt das Erscheinungsbild Bremens. Von der blauen Tonne hält die CDU wenig: Für viele Bürger sei eine schwere Tonne voller Papier nicht praktikabel, zudem fehle oft der Platz.

Das sind Argumente, die auch in der SPD zählen. Nichtsdestotrotz lief der Kompromiss, auf den sich die großkoalitionäre Arbeitsgruppe schließlich einigen konnte, auf die blaue Tonne als künftig einzige Entsorgungsmöglichkeit hinaus.

Nicht nur, weil sie für viele unpraktisch ist, haben gestern die Genossen die Tonne in die Tonne getreten. Es werde, so errechnete das Ressort, auf diese Weise auch weniger Papier recycelt werden. Derzeit sind dies jährlich 45.000 Tonnen Altpapier – 84 Kilo pro Bremer Nase. Allerdings seien darunter rund 10.000 Tonnen Fremdpapier von Menschen, die nicht in Bremen wohnen, hier aber ihr Papier entsorgen. Mit der bisher angepeilten Lösung ‚Zwangstonne‘ würden nur noch 38.000 Tonnen pro Jahr wiederverwertet werden – viel zu wenig, findet die SPD.

Das fanden die Grünen und Umweltverbände wie der BUND schon längst. „So lange wir noch Regenwälder für unseren Papierbedarf abholzen, müssen wir alles dafür tun, dass soviel wie möglich recycelt wird“, sagt die Grüne Karin Mathes. Der BUND befürchtet, dass im Fall der Tonnenlösung noch mehr Papier im Restmüll landet – die Zeitungen, Pizzakartons und Klorollen all derer, die die Tonne nicht wollen.

Dann würde unweigerlich das passieren, was die Politiker jetzt vermeiden möchten: Die Gebühren würden steigen. Gelingt in diesem Jahr keine Einigung, droht eine Steigerung der Müllgebühren um sieben Prozent, bei einer Vier-Personen-Tonne wären das rund 17 Euro im Jahr, die obendrauf zu legen wären.

Nun soll das Ressort prüfen, ob die Container wirklich abgeschafft werden müssten. SPD-Mann Schuster sagt, der „richtige Einigungsdruck“ komme erst, wenn die Gebührenerhöhung näher rücke. Und statt vor der Wahl erneut mit der CDU zu Potte zu kommen, sei es wohl einfacher, das Thema Müll in den Koalitionsverhandlungen unterzubringen. „Wenn die überhaupt noch mit der CDU stattfinden“, sagt Joachim Schuster, „das weiß ich gar nicht.“ Susanne Gieffers