Terrordossier fürs Balis Staatsanwalt

Indonesiens Polizei legt Ermittlungsakte vor, die zur ersten Anklage wegen der Anschläge von Bali führen soll

BANGKOK taz ■ Knapp drei Monate nach den Bombenanschlägen auf Bali hat die indonesische Polizei ihre Ermittlungen über den ersten der mutmaßlichen Attentäter namens Amrozi abgeschlossen. Gestern übergab sie die mehr als 1.600 Seiten umfassende Akte mit rund 200 Zeugenaussagen an den stellvertretenden Chef der balinesischen Staatsanwaltschaft, Nyoman Pasek Suwarta.

Der 35-jährige Mechaniker Amrozi war der Polizei Anfang November ins Netz gegangen. Er steht in Verdacht, den Sprengstoff für die Anschläge besorgt zu haben, die am 12. Oktober auf der Ferieninsel fast 200 Touristen und Einheimische töteten. Amrozi gilt auch als Besitzer des Lieferwagens, in dem die Bombe deponiert war. Sein Prozess soll im Februar beginnen. Suwarta sagte gestern, sein Büro würde zunächst prüfen, ob die Akte vollständig sei, bevor sie in zwei Wochen dem Gericht zugestellt würde. Nach der neuen Antiterrorgesetzgebung droht ihm die Todesstrafe.

In den nächsten Tagen soll ein weiteres Dossier abgeschlossen werden über Mukhlas, einen Bruder Amrozis. Mukhlas gilt zusammen mit dem am 21. November verhafteten Computerexperten Imam Samudra als strategischer Kopf der Bombenleger. Ihnen werden Kontakte zur radikal-islamistischen Jemaah Islamiyah (JI) nachgesagt, die Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida haben soll.

Seit den Bombenattentaten steht Indonesiens Präsidentin Megawati Sukarnoputri unter Druck. Der sorgte zwischen Regierung und Ermittlern für Missklänge: Während Verteidigungsminister Matori Abdul Djalil sofort die JI und al-Qaida für die Anschläge verantwortlich machte, pochte der besonnene Chef des internationalen Ermittlerteams, General I Made Mangku Pastika, immer wieder auf gründliche Beweisführung. Die ist nicht zuletzt bei den Vorbereitungen für die anstehenden Mammutprozesse geboten: Einerseits will man die Attentäter möglichst bald vor Gericht stellen, andererseits kann sich die Polizei wegen des großen internationalen Interesses keine Schlamperei erlauben. Eine lückenhafte Beweisführung würde antiwestliche Ressentiments in Indonesien verstärken und bei westlichen Beobachtern den Verdacht nähren, das krisengeschüttelte Inselreich wolle die Tragödie von Bali nur möglichst schnell vom Tisch haben.

Von insgesamt 26 mutmaßlichen Verdächtigen sind bis heute 15 verhaftet worden. Kritiker wunderten sich stets über die raschen Fahndungserfolge, monierten aber gleichzeitig, dass es sich nur um „kleinere Fische“ handelt. Mögliche Hintermänner wie Riduan Isamuddin alias Hambali bleiben weiterhin im Dunkeln. Als mutmaßlicher JI-Operationschef für Südostasien ist er der meistgesuchte Mann der Region. Ebenso wenig konnte bisher Abu Bakar Bashir, der seit Oktober im Polizeigewahrsam befindliche mutmaßliche geistlicher Führer der JI, als direkter Drahtzieher der Attentate ausgemacht werden. NICOLA GLASS