Der künstlerische Baumeister

Peter Zumthor hat nicht gerade viel gebaut in seinem 65-jährigen Leben. Ein Thermalbad in Vals, zwei, drei Wohnhäuser, das Bregenzer Kunstmuseum, eine kleine Kapelle und den Neubau des Kölner Diözesanmuseums. Das ist es im Wesentlichen. Der Grund für das spärliche Oeuvre mag damit zu tun haben, dass der Schweizer Architekt gern etwas „langsamer und dafür gründlicher baut“ als seine Kollegen im hektischen Bauzirkus. Oder damit, dass er sein Atelier nicht in Paris oder London aufgeschlagen hat, sondern im hintersten Rheintaldörfchen Haldenstein, weil seine Frau „dort her ischt“. Ganz sicher aber hat es damit zu tun, dass Zumthor kein einfacher, sondern ein sehr eigenwilliger Architekt und Künstler ist – und ein Schrecken für Bauherren. Den Mitgliedern der ehrwürdigen Japan Art Association muss das alles gleichgültig gewesen sein. Sie schauten auf Klasse statt auf Masse, als sie jetzt Zumthor mit dem Praemium Imperiale 2008 auszeichneten. Der Imperiale gilt als der „Nobelpreis der Künste“, gestiftet vom japanischen Kaiserhaus und mit 90.000 Euro dotiert. Neben Zumthor kürte die Jury noch vier weitere Künstler; darunter den Dirigenten Zubin Metha und die Schauspielerin Sakata Tojuro.

Es ist nicht der erste Preis für Zumthor. Doch die Begründung aus Japan hat den renommierten Baukünstler besonders gefreut. „Unsere Arbeit wird endlich richtig gesehen“, reagierte er auf die Würdigung, die ihn als künstlerisch und handwerklich hochambitioniertenBaumeister jenseits der Investorenarchitektur lobte. Was durchaus zutreffend ist.

Der 1943 in Basel geborene Zumthor arbeitete zunächst als Schreiner. Nach dem Besuch der Schule für Gestaltung war er als Denkmalpfleger in Graubünden tätig und gründete recht spät sein Architekturbüro in Haldenstein. Dessen archaischer und minimalistischer Stil, die leichten Betonschalen seiner Häuser und die weiten Räume darinnen sind seither berühmt und wunderbare Zeugnisse zeitgenössischer Architektur.

Der Preis ist zugleich eine Wiedergutmachung für das Scheitern des wohl ehrgeizigsten Projekts Zumthors: des Baus der NS-Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ auf dem Gelände der früheren SS- und Gestapo-Zentrale in Berlin. 1993 hatte Zumthor mit seinem Entwurf den Wettbewerb gewonnen. Nach langen Jahren wurde der Bau 2004 aus Kostengründen eingestellt und abgerissen. Darüber ist Zumthor noch heute sauer und spricht vom „politisch“ gewollten Ende des NS-Dokumentationszentrums. Sein neuestes Projekt, eine Gedenkstätte für verbrannte „Hexen“, hat er deshalb weit abseits verlegt: an den Polarkreis. ROLF LAUTENSCHLÄGER