Irak und Mahlgemeinschaft

Das Programm des Ökumenischen Kirchentags steht fest: Rund 100 Veranstaltungen und Dutzende Gottesdienste sollen über 100.000 Gläubige im Mai an die Spree locken

Das Thema „gemeinsames Abendmahl“ bleibt wie Pech am Kirchentag hängen

Georg Kardinal Sterzinsky ist sicherlich ein frommer Mann, und intelligent ist er auch – aber das mit der Werbung und den Public Relations muss der Erzbischof der Hauptstadt dann doch noch etwas üben. Ihm war es nämlich vorbehalten, bei der Vorstellung des Programms für den ersten Ökumenischen Kirchentag vom 28. Mai bis 1. Juni in Berlin fast brutal auszusprechen, was passiert, wenn dabei stattfinden sollte, was zumindest ganz am Anfang der Planung für das historische Treffen erhofft wurde: ein gemeinsames Abendmahl evangelischer und katholischer Christen. Wenn im Rahmen des Kirchentages evangelische und katholische Priester gemeinsam das Brot brechen sollten, zöge das für den papsttreuen Geistlichen harte Sanktionen nach sich, so der Kardinal: „Ein katholischer Priester wird dann kein Priester mehr sein.“

Nun spielt Kardinal Sterzinsky auf dem Ökumenischen Kirchentag nicht die erste Geige – das Großereignis ist eine Veranstaltung katholischer und evangelischer Laien, also Nichtpriester (und wenn Geistliche dabei sind, dann vor allem als Gäste). Aber der Erzbischof ist immerhin ein Oberhaupt der „gastgebenden“ Kirchen – neben dem evangelischen Bischof Wolfgang Huber für seine Landeskirche.

Die Laien in den Kirchen schmerzt es sichtlich, dass vor allem die katholischen Amtsträger sich aus theologischen Gründen einer gemeinsamen Eucharistiefeier verschließen. Eine Eucharistiefeier, so formulierte es Kardinal Sterzinsky geradezu klassisch, vertiefe eine Einheit, die es schon vorher geben müsse: auch beim „Amtsverständnis“, also etwa der Frage, welche Rolle der Papst spiele. Auf protestantischer Seite dagegen wird das Abendmahl eher als Zeichen der Hoffnung auf eine Einheit gesehen, die komplett erst noch kommen kann. So liegt ein Schatten innerchristlicher Zwietracht über einem Treffen, das gerade die grundsätzliche Eintracht der Christen in Deutschland betonen wollte.

Und die Laien können noch nicht einmal etwas dafür. Ginge es allein nach ihnen, würde das Thema „gemeinsames Abendmahl“ nicht wie Pech an der gesamten Veranstaltung hängen, zu der mehr als 100.000 Gläubige aus Deutschland, Europa, ja der ganzen Welt erwartet werden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Deutsche Evangelische Kirchentag, die Veranstalter des Ökumenischen Kirchentages, haben nach längeren internen Auseinandersetzungen deshalb schon relativ früh während der Planungen beschlossen, das gemeinsame Abendmahl bei den Dutzenden offiziellen Gottesdiensten nicht feiern zu lassen: Man wollte es nicht im Vorfeld oder gar während des Kirchentages zum großen Streit über dieses Thema kommen lassen – weder zwischen den Konservativen auf beiden Seiten noch zwischen den Laien und der Hierarchie.

Andere aber wollen diese Rücksichten nicht nehmen: So kündigten eine evangelische Kirchengemeinde in Prenzlauer Berg sowie die reformorientierten Katholiken-Organisationen „Kirche von unten“ und „Wir sind Kirche“ im vergangenen Jahr an, man werde während des Kirchentages ein gemeinsames Abendmahl feiern. Bischof Huber will die Gemeinde noch davon abbringen – man sei im Gespräch: „Wir hoffen, auf diesem Weg bei den Verantwortlichen die Einsicht zu wecken, dass wir nichs tun sollten, was uns von der Ökumene wegtreibt.“

Ob das gelingt? Rund 100 Podien, Foren, Abendreihen und Werkstätten laden während des Kirchentages unter dem Motto „Ihr sollt ein Segen sein“ zum Gespräch, zur Feier und zum Gebet. Vorträge prominenter Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Kunst wird es geben, unter anderem zu Themen wie Europa, Gentechnik oder Globalisierung. Doch wenn sich im Frühjahr nicht das Thema Krieg nach einem möglichen Waffengang im Irak aufdrängt, wird voraussichtlich die Frage nach dem gemeinsamen Abendmahl als geheimes Hauptthema den Kirchentag bestimmen – unabhängig davon, ob es nun am Rande stattfindet oder nicht.

Immerhin, die Kirchentagsplaner wollen die Differenzen über dieses zentrale Sakrament beider Konfessionen nicht verstecken, sondern auf dem Kirchentag selber thematisieren: So wird es eine Podiumsreihe zum Thema geben. Titel: „Woran hängt die Gemeinschaft im Abendmahl?“ Viel Werbung für diese Veranstaltungen wird man nicht machen müssen.

PHILIPP GESSLER