Ärzte streiken nicht, sie dienen

„Dienst nach Vorschrift“-Aktion startet Ende Januar. Notversorgung gibt’s aber noch

BERLIN taz ■ Nicht Streik, sondern „Dienst nach Vorschrift“ nennt sich die Aktion, zu der die Ärzte-Organisationen gestern aufgerufen haben. „Wir setzen bloß um, was die Politik verlangt“, erklärte ein trotziger Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der taz.

Da Sozialministerin Ulla Schmidt und ihre Berater meinten, es gebe in Deutschland zu viele Ärzte, „werden die Praxen teilweise schließen“, kündigte Roland Stahl von der KBV an. Nein, die Patienten wolle man nicht drangsalieren, nur einmal „zeigen, was diese Politik eigentlich will“. Die KBV wird am 21. Januar erklären, wie die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die Facharztpraxen rotierend schließen wollen, wobei eine Notversorgung immer erhalten bleiben soll. „In Städten müssen Bagatellerkrankte Wartezeiten in Kauf nehmen“, sagte Stahl. In ländlichen Gebieten mit geringer Arztdichte gebe es keine Schließungen.

Parallel kündigte der Hartmannbund „Dienst nach Vorschrift“ ab dem 22. Januar an. Die rechtsliberale Standesorganisation der niedergelassenen Ärzte wird ihre Aktion zunächst in Westfalen/Lippe starten – dies ist die Heimat des Vorsitzenden Hans-Jürgen Thomas. Die Praxen bleiben dann mittwochs geschlossen: Da Schmidt die Ärzte zur Weiterqualifizierung aufrufe, sei der Mittwoch nun eben „Fortbildungstag“.

Damit wolle man vor allem gegen die Nullrunde protestieren, die „den ärztlichen Berufsstand in unerträglicher Weise diffamiert“, wie Thomas gestern sagte. Ministerin Schmidt will in diesem Jahr die Krankenkassen mit einem 2,8-Milliarden-Euro-Sparpaket entlasten, daher sollen die Arzt- und Klinikausgaben eingefroren werden.

Grund für die aktuelle Aufregung ist jedoch nicht nur die „Nullrunde“, sondern auch andere Pläne der Gesundheitsministerin erregen. Vorgesehen ist unter anderem, die Macht der Kassenärztlichen Vereinigungen einzuschränken und ihr Verhandlungsmonopol zu brechen. Die Krankenkassen würden mehr Kontrolle über Verträge und die Höhe der Ausgaben bekommen – gleichzeitig, dies wurde gestern bekannt, könnten die KV auch nicht mehr autonom über die Verteilung der Honorare entscheiden.

Die Ärzteorganisationen lehnen Schmidts Pläne unterschiedlich stark ab. Anlässlich der Reformen haben sie sich jedoch in einem „Bündnis für Gesundheit“ zusammengeschlossen, das morgen in Köln über weitere Protestaktionen beraten wird. Vorgesehen sind bislang Demonstrationen in verschiedenen Großstädten sowie Kampagnen in den Praxen. Auch das Pflege- und Hilfspersonal soll einbezogen werden. Die Bundesärztekammer hat außerdem am 18. Februar zu einem Sonderärztetag nach Berlin geladen.

ULRIKE WINKELMANN