Ein Krimi

Jürgen Nola produziert derzeit Shakespeares Klassiker Hamlet als Hörspiel für Kinder ab acht

„Ich rutsch‘ echt so tierisch in die Konsonanten gerade“

„Nimm es leichter, mit weniger Stakkato. Lass‘ es fließen. Höfisch. Nicht bremisch, römisch.“ Hamlet trifft gerade Polonius, den verhassten Kämmerer des Königs, der Hamlets Vater umgebracht hat.

Eine erste Abreibung ist fällig. „Die Ironie halten, servier‘ ihm das mehr. Du musst Lust daran haben, ihn zu verletzen.“ Hamlet hängt sich rein, giftelt, feixt. Und Hamlet stolpert – über ein „e“ im Manuskript. „‘Völlige kraftlose Lenden‘? Soll ich nicht sagen: ‚Völlig kraftlose Lenden‘?“

Fritz Fenne vom Bremer Theater ist dieser Hamlet, ein besonderer Hamlet, einer für ZuhörerInnen ab acht Jahren. Der Bremer Autor und Regisseur Jürgen Nola hatte die Idee, zusammen mit Andrea Jürgens vom Hamburger Friedrich Öttinger Verlag erarbeitete er die Textfassung. Gemeinsam stellten sie das Projekt der Plattenfirma Deutsche Grammophon vor.

Die sagte prompt zu, mit einer Bedingung: Es soll nicht bei einem Hörspiel bleiben, eine neue Reihe soll entstehen, „Hamlets Rache“ wird im Frühjahr erscheinen. Jürgens ist sich sicher, dass bei dem enormen Interesse der Deutschen Grammophon auch Pisa eine Rolle spielt. Denn die Hörspielreihe versteht sich als Bildungsprogramm, ein niedrigschwelliges zwar, aber eines, das seine Klassiker ernst nimmt.

Das merkt man schon an der Besetzungsliste für „Hamlets Rache“: Sprechtheater-Übervater Will Quadflieg gibt den Geist, Günter Lamprecht ist Claudius, Claudia Amm spricht die Gertrude, Peter Striebeck den Polonius und Stephan Schwartz den Horatio.

Die Liste lässt sich fortsetzen, die Motivation bei den Aufnahmen ist groß. Striebeck: „Wir haben großen Respekt vor dem Original und versuchen eine vernünftige Umsetzung.“ Nola: „Der sprachliche und kulturelle Verlust in der heutigen Fun-Kultur ist entsetzlich. Da möchte ich den Kindern mal etwas Anderes vermitteln als sonst so üblich ist.“

Nola hat den Shakespeare-Text „bis an die Schmerzgrenze“ eingekürzt, das Personal reduziert, einen Erzähler (Hans Kemner) eingeführt und gedrechselte Sätze geradeklopft, alles unter der Maßgabe, „so nah wie möglich am Original“ zu bleiben und den „Zitatschatz“ zu erhalten. Dramaturgisch lautet das Credo: „Hamlet ist ein Krimi.“

Jürgen Nolas Sohn Marco Nola, 31, steuert eigens komponierte Musik bei: „Wo es die Szenen verlangen, wird das Renaissance-Musik sein. Ansonsten gibt es moderne, spannungsgeladene Musik, komponiert nach den Prinzipien der Filmmusik.“

Aufgenommen wird „Hamlets Rache“ an vier Tagen in Marco Nolas Bremer Tonstudio – ein konzentriertes, detailliertes Arbeiten, solange, bis Regisseur Jürgen Nola zufrieden ist: „Danke, gestorben!“ Bis dieser Satz fällt, hat Fritz Fenne klagen müssen: „Ich rutsch‘ echt so tierisch in die Konsonanten gerade.“ Und Marco Nola ist noch etwas am Text aufgefallen: „Papa, ich glaube, das kann ein Kind nicht nachvollziehen, dass da Polonius gemeint ist.“ Und da merkt man‘s dann: Vater und Sohn sind ein gutes Team. Vor allem, wenn es um Kinder geht. Klaus Irler