Töpfers missratenes Spiel

Vielleicht hat Wilfried Töpfer es wirklich nicht böse gemeint. Vielleicht sind seine Beteuerungen aufrichtig, natürlich seien die Ehrlichen die große Mehrheit und nur den wenigen schwarzen Schafen habe man Beine machen wollen. Wer ihm sehr wohl will, könnte das Projekt vom vergangenen Juli auch für Wahlkampfhilfe im Alleingang halten. Aber wahrscheinlicher ist, dass Töpfer alle SozialhilfeempfängerInnen – ehrlich oder nicht – in Angst versetzen, zumindest aber aufschrecken wollte. Von wegen: Passt bloß auf. Das geschieht in einer Zeit, in der sich Behörden als Dienstleister zu verkaufen versuchen und Sozialhilfeempfänger allen Ernstes „Klienten“ nennen.

Für seine Ziele hat Töpfer auf eine äußerst dreckige Verhaltensweise gesetzt: auf Denunziation. Er hat gehofft, dass immer noch viele dazu bereit sind. Dass es ein nennenswertes Potenzial von Denunzianten gibt, derer er sich bedienen könne – und er hat das Risiko, dass Unschuldige stigmatisiert werden, bewusst akzeptiert. Vielleicht hat er aber auch genau das gewollt.

Die Heftigkeit der Kritik an Töpfer zeigt auch etwas: Nämlich, wie groß die Angst ist, dass sein Kalkül hätte aufgehen können, dass das Potenzial für Anschwärzen, Miesmachen, Aufhetzen tatsächlich existiert.

Nun war’s zum Glück kein Erfolg, das Bürgertelefon. Was heißt das? Wohl kaum, dass Denunzieren aus der Mode gekommen ist – wenn man Töpfer glaubt, dass zu Beginn des Projekts bei hoher Medienaufmerksamkeit die Resonanz groß gewesen war. Aber zumindest, dass Denunziation als Mittel der Politik nicht mehr und – noch – nicht wieder salonfähig ist.

Susanne Gieffers