■ Wer entscheidet über Krieg oder Frieden?
: Gegen amerikanischen Krieg

betr.: „ ‚Ohne uns‘ reicht nicht“ von Ralf Fücks, taz vom 3. 1. 03

Herr Fücks hat Recht. Niemand sollte sich darüber wundern, dass Joschka Fischer eine deutsche Zustimmung zum „Irakfeldzug“ im Sicherheitsrat nicht mehr ausschließt. Als bündnistreuer Partner im „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ hat er sich ja bereits im Afghanistankrieg profiliert. Vermutlich greift es auch hier zu kurz energiepolitische Kriegsmotive zu unterstellen, andererseits hat man offensichtlich weder Bin Laden geschnappt noch al-Qaida zerschlagen. Von Frieden, Stabilität und landesweiter Gleichstellung der Frauen muss Claudia Roth heute nicht mehr sprechen. Über zivile Opfer in Afghanistan wird lediglich spekuliert. Die Zahl der zivilen Opfer in einem Krieg gegen den Irak dürfte weitaus höher liegen.

Als „militärisches Abenteuer“ haben Sozialdemokraten und Grüne es in der Vergangenheit gerne bezeichnet. Dass der „Despot aus Bagdad“ […] den „Topterroristen“ mit Massenvernichtungswaffen ausstattet, darf nach Ansicht des ehemaligen Waffeninspekteurs Scott Ritter bezweifelt werden. Nicht vernachlässigen sollte man zudem Ritters Ausführungen zu der Frage, warum die Waffeninspekteure 1998 den Irak verlassen haben. Bisher haben seine Nachfolger keine Hinweise auf verbotene irakische Waffenproduktionen gefunden. George W. Bush, der demokratisch „gewählte“ Kreuzritter der freien Welt, unterteilt – wie üblich in seinen Kriegsreden – die Menschheit der Einfachhalt halber in Gut und Böse. Schließlich weiß er, wie ich eben im „heute-journal“ höre, dass Saddam diese Waffen besitzt. Wenn der von Fücks geforderte Dialog zwischen Europa und den USA funktioniert, wird unser Außenminister vielleicht demnächst auch mehr wissen, um den „Showdown in Iraq“ (CNN) ruhigen Gewissens zu unterstützen, ohne dabei um den heißen Brei herumzureden.

BORIS SCHLENSKER, Berlin

Kaum zu glauben. Laut Ralf Fücks wird die amerikanische Außenpolitik von den edelsten Motiven getragen. Krieg gegen den Irak? Nur nach Legitimierung oder zumindest „Tolerierung“ (ein interessanter und dehnbarer Begriff!) durch den UN-Sicherheitsrat! Kriegsziel? Nicht etwa nur die Installierung einer proamerikanischen Regierung zur Durchsetzung der eigenen Interessen in der Region, sondern modellhafte Demokratisierung und wirtschaftliche Entwicklung des Landes!

Es spricht, vorsichtig ausgedrückt, wenig für diese Sicht der Dinge. […] Dass einer, der bei den Grünen was werden will, mit solchen intellektuellen Verrenkungen daherkommen muss, zeigt, wie sich die Koordinaten dieser Partei verschoben haben. Es spricht Bände über die abenteuerliche Entwicklung der Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen. TARIK TELL, Bonn

[…] Es fällt auf, dass in den meisten Kommentaren hierzulande die Frage nach dem deutsch-amerikanischen Verhältnis in den Mittelpunkt gestellt wird, selten aber die Frage nach der völkerrechtlichen Legitimation eines Krieges gegen den Irak. Dabei ist es unbestreitbar, dass bei einem amerikanischen Alleingang gegen den Irak – also ohne UNO-Mandat – ein Verstoß gegen das Völkerrecht vorläge. Sind völkerrechtliche Fragen also so irrelevant, wenn es um die freundschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Staaten geht?

Sollen/müssen wir es wirklich dem mächtigsten Mann der Erde (…) überlassen, über Krieg oder Frieden in einer der instabilsten Regionen der Erde – nämlich dem Nahen Osten – zu entscheiden? Und müssen wir dabei aus Solidarität mitmachen? Was nützt dann noch eine Ächtung von Angriffskriegen durch die UNO-Charta? Es ist ohnehin erstaunlich und beängstigend, wie wenig von Politikern und Medien auf der ganzen Welt den imperialistischen Gebärden der einzigen verbliebenen Supermacht widersprochen wird. Und wie wir uns alle im Verlauf der vergangenen Monate daran gewöhnt haben, ziellos und wie betäubt einen Krieg für unvermeidlich anzusehen.

Frankreich – nicht Großbritannien – hat es im Sicherheitsrat immerhin vorgemacht, wie man auch dem mächstigsten Mann der Erde Zugeständnisse abringen kann. Und Frankreich besteht darauf, dass nur die UNO legitimiert ist, über Krieg und Frieden zu entscheiden, nicht aber eine einzelne Regierung, und sei sie auch die mächtigste der Welt. […] RUDOLF KAISER, Hildesheim

betr.: „Protestieren, bevor es zu spät ist“, taz vom 4. 1. 03

Diese Position finde ich nur richtig und vermisse sie andernorts. Die Grünen, besonders Joschka Fischer, könnten jetzt die Chance nützen, ihr lang ersehntes Vorhaben zu verwirklichen: Aus der Nato austreten. […] Was für schlimme Folgen hat eine deutsche Nichtbeteiligung? Sind wir von den USA so abhängig? Schröder und Rot-Grün sollten zu ihrem Wahlversprechen stehen und Rückgrat zeigen. Deutschland sollte auf keinen Fall in einen Dritten Weltkrieg verwickelt sein! GISELA MUFFLER, Stuttgart