NACH PISA UND MCKINSEY: DAS DREIGLIEDERIGE SCHULSYSTEM IST AM ENDE
: Schule für alle muss kommen

Das Land muss über seine frühe und ungerechte Schülerauslese nachdenken, und zwar sofort! Preisfrage: Von wem stammt dieser Satz? Von jungen Intellektuellen an den Unis („Studenten“), die für Bildungsgerechtigkeit kämpfen – falsch. Von Schulministern, die laut Verfassung jedem Kind die gleichen Startchancen gewähren müssen – falsch. Von einer elitären Unternehmensberatung, deren Ziel es ist, in jeder Volkswirtschaft weltweit maßgeblichen Einfluss auszuüben – richtig.

Die Schulstudie Pisa, etwas über ein Jahr ist sie inzwischen alt, rüttelt weiter an uneingestandenen Lebenslügen. Wer etwa heute die Schlachtordnung für die wichtigsten Schulreformen beschreibt, stößt auf merkwürdige Allianzen. Auf der Seite derer, denen die Idee prinzipiell suspekt ist, dass sich Kinder mit zehn Jahren für Abitur und Studium entscheiden müssen: die müde und alt gewordenen Hardliner der GEW Seit’ an Seit’ mit den Bowler-Hüten von McKinsey und Boston Consulting Group, mit den Handwerkern und den „Struwwelpeterschulen“. Ihre Idee heißt: Kreativität und Lernvermögen sollten früh geschult, aber möglichst spät beurteilt werden.

Auf der anderen Seite herrscht eine ganz andere Theorie. Sie geht davon aus, dass über den Lebensweg ab der vierten Klasse die „Begabung“ entscheidet. Ultimativ. Namentlich heißen die Kämpfer für die Drei-Klassen-Gesellschaft Schule: der „Deutsche Lehrerverband“, bei dem kein einziger echter Lehrer Mitglied ist, die unverdrossen wahlkämpfende Union und, das ist das Problem, alle Kultusminister. Sie weigern sich, endlich über die deutsche Ausleseschule nachzudenken.

Die Kultusminister haben in einem Punkt Recht: „Schulkampf“ hilft niemandem. Es wird also Zeit, die Terminologie zu ändern, die aus Momenten stammt, als die Armee die „Schule der Nation“ war. Daher sollten alle geloben, vom „Krieg zwischen den Schulen“ künftig zu schweigen. Auch wir tun das hiermit. Und empfehlen als erste Maßnahme: binnen zehn Jahren die verschiedenen Schulformen zugunsten einer „Schule für alle“ abzuschaffen. CHRISTIAN FÜLLER