Mehr als ein technisches Versagen

Trotz enormer Verluste der KfW wird wohl der Aufsichtsrat dem Verkauf der KfW-Tochter IKB zustimmen

Der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) drohen durch die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers Verluste von insgesamt 500 Millionen Euro. „Wir sind mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag bei Lehman engagiert“, bestätigte KfW-Sprecherin Nathalie Drücke der taz. Auch der FDP-Finanzpolitiker Jürgen Koppelin, der für die FDP im Verwaltungsrat der Staatsbank sitzt, warnte vor möglichen Verlusten von bis zu 600 Millionen Euro. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte vor der Sitzung des Gremiums gar personelle Konsequenzen: „Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang.“

Die KfW, die im Rahmen eines Währungstauschgeschäfts 300 Millionen Euro an Lehman überwiesen hatte, obwohl die Insolvenz des New Yorker Instituts zu dem Zeitpunkt bereits über alle Bildschirme flimmerte, gerät damit immer stärker unter Druck. Die grüne Finanzexpertin Christine Scheel, die ebenfalls dem Verwaltungsrat angehört, sprach von einem „katastrophalen Versagen“ des Krisenmanagements der Staatsbank. „Sich jetzt mit einem technischen Versagen herauszureden, reicht nicht“, sagte Scheel zur taz.

Die KfW selbst wollte am Donnerstag keine Details zu der katastrophalen Überweisung nennen. Am Mittwoch dagegen hatte ein KfW-Sprecher gegenüber der taz versichert, in seiner Bank herrsche „das Vier-Augen-Prinzip“, das heißt, eine Überweisung in solcher Höhe wird von mindestens zwei Mitarbeitern überprüft. Es handele sich um eine „Swap-Zahlung im Währungsbereich“. Mit diesen sogenannten Swaps tauschen Banken lang- gegen kurzfristige Verbindlichkeiten. Eigentlich hätte die KfW das Geld von Lehman deshalb kurzfristig zurückbekommen müssen – was wegen der Pleite natürlich nicht geschah.

Scharfe Kritik dürfte es im Verwaltungsrat auch für den Verkauf der KfW-Tochter IKB Deutsche Industriebank gehagelt haben. Das Düsseldorfer Institut, das sich mit Krediten für amerikanische Ramschimmobilien verzockt hat, soll nach KfW-internen Informationen für nur 150 Millionen Euro an den US-Finanzinvestor Lone Star verkauft werden. Um die IKB zu retten, hatte der Bund über die KfW im Frühjahr Bürgschaften in Milliardenhöhe abgeben müssen: Der sogenannte Risikoschirm für die Düsseldorfer umfasst insgesamt rund 8,5 Milliarden Euro

Dennoch wurden die Verwaltungsratsmitglieder erst bei der Sitzung des Gremiums über die Details informiert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man so eine verantwortungsbewusste Entscheidung treffen kann“, kritisiert Finanzexpertin Scheel deshalb. Trotzdem hätten der Vorsitzende des Gremiums, CSU-Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, und sein Stellvertreter, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), den Verkauf über den KfW-Präsidialausschuss bereits abgenickt. Auch eine Zustimmung des Verwaltungsrats gilt als sicher: Von den 37 Mitgliedern sind 20 Vertreter der großen Koalition. ANDREAS WYPUTTA