Wessen Schönheit?

Die Doku „Die Natur vor uns“ folgt den Spuren des Malers, Fotografen und Filmemachers Alfred Ehrhardt

Der Hamburger Maler, Fotograf und Filmemacher Alfred Ehrhardt, einst Student bei Josef Albers, Oskar Schlemmer, Paul Klee und Wassily Kandinsky am Dessauer Bauhaus, zählt zu den bedeutendsten Vertretern der neusachlichen Fotografie. Sein fotografisches, filmisches und malerisches Werk, das in vielen Aspekten der Avantgarde der 20er nahe steht, ist indes in Vergessenheit geraten.

In ihrem Film „Die Natur vor uns“ machen sich nun die RegisseurInnen Niels Bolbrinker und Christiane Stahl auf die Spuren des von den Nazis wegen seiner Nähe zum Bauhaus als Kulturbolschewisten eingestuften „Meisters der Reduktion“ und begeben sich auf die Suche nach den Kunstformen der Natur, dem Organismus, der Seele der Landschaft und den Urformen der Kunst.

Dabei geht es weniger um ein Porträt des Künstlers, als vielmehr um eine Auseinandersetzung mit dessen filmischem und fotografischem Blick: Natur war für Ehrhardt eine ästhetische Erscheinung, deren Wesen hinter ihren Formen und in ihrer Schönheit zu finden ist. Seine großen Fotozyklen zeigen das Wattenmeer, die Kurische Nehrung oder Island. Und auch die parallel entstandenen filmischen Arbeiten – über 60 Dokumentarfilme hat Ehrhardt gedreht, viermal erhielt er dafür einen Bundesfilmpreis – beschäftigen sich vor allem mit Naturräumen: Mit Dünen, Kristallen, der Architektur eines Schneckengehäuses.

„Die Natur vor uns“ entdeckt Ehrhardts Werk auf kongeniale Weise wieder: mit faszinierenden Aufnahmen auf Island und im Wattenmeer genauso wie am Dessauer Bauhaus. Und stellt die Frage, wessen Schönheit es denn nun ist: Die der Natur, oder die des abbildenden Fotografen?ROBERT MATTHIES

Sa, 20. 9., 20 Uhr, 3001, Schanzenstr. 75; die RegisseurInnen sind zu Gast