Schule muss messbar sein

Alle Bremer Zehntklässler an Haupt- und Realschulen sollen ab 2005 zentrale Abschlussprüfungen absolvieren. Mit speziellen Tests könnten die Schulen ihren Lehrerfolg bald selbst kontrollieren

„Aktuell würden wir uns mit zentralen Prüfungen auf den Hosenboden setzen“

Gute Schule oder schlechte Schule? Geht es nach dem Bildungsressort, soll es auf diese Frage bald eine stichfeste Antwort geben. Zentral vorgegebene, einheitliche Prüfungen für alle Sechst- und ZehntklässlerInnen sollen ab dem übernächsten Schuljahr die Qualität des Unterrichts an den einzelnen Schulen vergleichbar machen – vorausgesetzt, die Bürgerschaft stimmt dem nach der Wahl zu.

Erste Ansätze in Richtung Vergleichstests gibt es bereits: Im letzten Jahr führten mehrere Schulen in eigener Regie „Parallelarbeiten“ durch. Bezogen auf den Unterricht, sagt Ralf Lüling vom Gesamtelternbeirat, „haben die gar nichts bewirkt.“ Aber immerhin sei das Thema Leistungsvergleich jetzt in den Lehrer-Köpfen. Lüling: „Das unterstützen wir.“

Für die diesjährigen Vergleichstests im Mai will Bildungssenator Willi Lemke (SPD) Musteraufgaben vorgeben, an denen sich die Schulen inhaltlich und bei der Bewertung orientieren müssen. In Mathe etwa, verrät Walter Henschen, der beim Bildungsressort für die Zentral-Prüfungen zuständig ist, gehe der Trend derzeit wieder „weg von zu viel Abstraktion“ und hin zur „klassischen Textaufgabe“. „Wie groß können die Plakate auf einer Litfasssäule sein“, lautet eine der kniffeligen Fragen, die das Ressort Ende des Monats öffentlich vorstellen will.

Nicht mehr nur „Muster“, sondern wirklich für alle Schulen verbindlich sollen die Behörden-Aufgaben dann ab dem nächsten Schuljahr sein. Ziel ist, die SchülerInnen und LehrerInnen an die zentralen Abschlussprüfungen zu gewöhnen, die zum Schuljahr 2004/05 in allen Bremer Haupt- und Realschulen eingeführt werden sollen. „Das Anspruchsniveau muss bekannt sein“, sagt Walter Henschen, beim Bildungsressort für die Zentral-Prüfungen zuständig. Gesamtelternbeirat Lüling drückt es drastischer aus: „Wenn man das sofort einführen würde, dann würden wir uns ganz schön auf den Hosenboden setzen.“

Zur Zeit, sagt Lüling, gebe es nämlich zwischen den Bremer Schulen „horrende Niveau-Unterschiede“. SchülerInnen an „schlechteren“ Schulen müssten also wegen ihrer schlechteren Schulabschlüsse gravierende Nachteile befürchten.

Unter anderem aus diesem Grund lehnt Lea Voigt von der GesamtschülerInnen-Vertretung (GSV) die zentralen Tests rundweg ab. „Der Unterricht wird dann noch mehr auf diese Prüfungen ausgerichtet“, befürchtet sie. Und: „Prüfungen machen den Unterricht nicht besser.“

„Es darf nicht beim Herausfinden bleiben“, fordert auch Elternvertreter Lüling. Für Schulen, die durch schlechte Ergebnisse auffallen, kündigt Lemkes Mitarbeiter Henschen an, werde es „Extra-Maßnahmen“ geben.

Thomas Bethge, der beim Landesinstitut für Schule (LIS) an den künftigen Bremer Lehrplänen bastelt, hält die einheitlichen Vergleichstests indes für unumgänglich – schon allein als „Selbstvergewisserung für die Schulen“.

In einer Arbeitsgruppe der Kultusminister-Konferenz bemüht sich Bethge sogar, Lernziele und Leistungserwartungen für alle Bundesländer festzulegen. Seine Vision: Mit speziell entwickelten Tests sollen Schulen eigenständig die Qualität ihrer Arbeit kontrollieren können – unabhängig von ihren Lehrmethoden. Bethge meint: „Gerade bei immer selbstständigeren Schulen ist das unbedingt nötig.“

Armin Simon