Stiftung trocken trotz Zocken

Morgen verordnet der Senat eine Änderung der Spielbankabgabe. Damit entgeht die Stiftung „Wohnliche Stadt“ einem finanziellen Desaster, künftig muss sie jedoch kleinere Brötchen backen

von Henning Bleyl

Morgen berät der Senat über eine Neuaufteilung jenes Geldes, das an den 12 Spieltischen und in den 248 Automaten in den Casino-Standorten Böttcherstraße, Breitenweg und Bremerhaven hängen bleibt. Per Spielbank-Abgabe kommt es zum größten Teil der öffentlichen Hand zugute. Die Philosophie dahinter: Wenn schon gezockt wird, soll der Gewinn wenigstens guten Zwecken dienen. Grund für die jetzt geplante Regelung ist die finanzielle Notlage der Stiftung „Wohnliche Stadt“. Nach Auskunft von Stiftungsvorstand Jürgen Janke können ohne die Neuverteilung der Mittel aktuelle Förderzusagen nicht eingehalten werden. Dieses Jahr stehen 112 Projekte wie Wegebau, Grünanlagen, Spielplatz-Sanierung, Denkmalpflege oder die Ausstattung von Bürgerhäusern auf der Liste.

Die Verordnung soll daher rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten – und zeugt von pessimistischen Prognosen. Statt wie bisher zu gleichen Teilen zwischen Stiftung und Land soll die Spielbankabgabe künftig so aufgeteilt werden, dass die „Wohnliche Stadt“ wenigstens 2,25 Millionen Euro pro Jahr bekommt – falls der Topf so viel hergibt. Übersteigt die Abgabe die 4,5 Millionen-Grenze, soll weiterhin hälftig geteilt werden gelten.

Im vergangenen Jahr standen der Stiftung immerhin noch fast 3,2 Millionen Euro zur Verfügung. Doch auch das ist nur ein Bruchteil der 10,2 Millionen, die die Spielbankabgabe 2002 abwarf. Hinzu kommt, dass die Zinserträge der Stiftung gegen Null tendieren. Sie speisten sich im Wesentlichen aus Rücklagen, die für die Sanierung des Bremerhavener Stadttheaters angespart worden waren. Über andere Einnahmequellen verfügt die Stiftung nicht.

Nichtsdestoweniger hat der Senat die finanzielle Stellschraube schon mehrfach zugunsten der Spielbank verändert: Ursprünglich lag deren Abgabenhöhe bei 80 Prozent, mittlerweile ist sie auf 63 Prozent geschrumpft. Andernfalls seien die Betriebs- und Personalkosten des Casinos nicht gedeckt, sagt die Sprecherin des Finanzressorts – das sei durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften „glaubhaft nachgewiesen“.

Das aktuelle Geschäft scheint freilich gut zu laufen: Mit 173.000 BesucherInnen gab es 2007 einen Besucherrekord, wie die Sprecherin der WestSpiel-Gruppe, der das Bremer Casino mehrheitlich gehört, bestätigt. Im „klassischen Spiel“ – in Bremen zählen dazu American Roulett, Poker und Black Jack – sei sogar ein Plus von 20 Prozent zum Vorjahr zu verzeichnen. Dieser Andrang habe die größere Sparsamkeit beim Spiel weitgehend ausgeglichen, das Ergebnis liege „nur leicht unter den Vorjahreszahlen“.

Warum also ist die Verminderung der Spielbankabgabe – zuletzt zum 1.1.2008 – notwendig? Beim Finanzressort verweist man auf die 2006 eingeführte Gewinnversteuerung. Auch die Risiken des Rauchverbots sowie die neue Ausweispflicht in den Automatencasinos würden von den Betreibern ins Feld geführt. Diese seit Anfang des Jahres geltende Regelung soll gesperrte Spielsüchtige fernhalten – und hat offenbar durchschlagenden Erfolg.

Freilich sollen auch die hinter WestSpiel stehende NRW-Bank und die Bremer Landesbank auf die Minderung der Spielbank-Abgabe gedrängt haben – mit der Androhung, sich andernfalls von ihren Anteilen zu trennen. Die Bremer Landesbank ist mit 49 Prozent an der Casino GmbH beteiligt.

Die „Wohnliche Stadt“ hat bereits Konsequenzen gezogen: Im vergangenen Jahr wurde die Förderhöchstgrenze für einzelne Projekte auf 100.000 Euro festgelegt. Ein veritabler Paradigmenwechsel im Vergleich zu früheren Jahren, in denen durchaus mal acht Millionen Euro für die Sanierung des Goetheplatz-Theaters drin waren. Positiv ausgedrückt: Die Stiftung wendet sich verstärkt den kleinformatigeren Stadtteil-Belangen zu.

Bereits zweimal, 2004 und 2006, musste die „Wohnliche Stadt“ auf Darlehen aus dem Bremer Kapitaldienstfonds zurückgreifen: eine jeweils etwa sieben Millionen Euro schwere Unterstützungsmaßnahme des Senats, um Liquiditätsnöte zu überbrücken. Auch bei der morgigen Sitzung darf die Zustimmung des Senats zur Neuverteilung der Spielbankmittel zugunsten der „Wohnlichen Stadt“ als gesichert gelten. Dem Stiftungsrat, von dem die entsprechende Initiative ausgeht, gehört neben dem Bürgermeister auch die Finanzsenatorin an. Freilich kommt sich der Senat mit dieser Umverteilung auch selbst entgegen: Die Gültigkeit der geplanten Verordnung ist auf den 31.12.2014 terminiert – den Zeitpunkt, zu dem die Stiftung ihre Senats-Darlehen getilgt haben soll.