Auf Sandström gebaut

Der HSV Handball quält sich in die Saison. Gegen den SC Magdeburg brachte kommunikativer Mehraufwand dennoch den Sieg – nicht zuletzt dank des überragenden Torwarts Per Sandström

VON ROGER REPPLINGER

Von selbst, einfach, locker, geht bei den Handballern des Hamburger SV im Moment nichts. Aber gewinnen können sie auch mit Einsatz und Kampf. Der HSV besiegte den SC Magdeburg mit 28 : 22 (12 : 12). Mit diesem Erfolg bleibt der HSV im Rennen um die Meisterschaft, in dem man sich viele Ausrutscher wie die 27 : 28 Niederlage bei Aufsteiger TSV Dormagen nicht leisten darf. „Wenn du gegen Magdeburg verlierst, entscheidet sich die Saison schon jetzt“, sagte HSV-Rechtsaußen Stefan Schröder nach der Partie.

HSV-Torwart Joachim Bitter, selbst ein Ex-Magdeburger, stand vor dem Spiel lange an der Mittellinie, und studierte akribisch die Würfe der SC-Rückraumspieler. Doch nach 13 Minuten Spielzeit wurde Bitter ausgewechselt und Per Sandström kam. Der Sieg des HSV war nicht zuletzt auf Sandström gebaut: „Er ist über sich hinausgewachsen“, lobte HSV-Trainer Martin Schwalb den 27-jährigen Schweden.

Schwalb merkte man deutlich an, was auf dem Spiel stand. Als er seine Jungs zur Auszeit holte – nach einer 5 : 3-Führung stand es 5 : 5 –, gestikulierte er mit rotem Kopf, wäre am liebsten in jeden Einzelnen hineingekrochen, brüllte sich heiser und raufte sich die Haare. Der Trainer war hektisch, selbst eine 19 : 15-Führung in der zweiten Halbzeit, führte nicht dazu, dass sich Schwalb auf die Bank setzte. Er ging ständig – und auch aus sich heraus. Als es dann noch einmal eng wurde, rafften sich Per Sandström und Krzysztof Lijewski auf; der eine entschärfte drei Magdeburger Angriffe hintereinander, der andere warf drei Tore hintereinander. „Da haben wir den richtigen Weg wieder gefunden“, sagte Lijewski. Beim 22 : 17 ballte Trainer Schwalb die Faust und beim 23 : 17 jubelte er sogar.

„Da haben wir zu viel weggegeben, Würfe genommen, die wir nicht nehmen durften, unsere Chancen nicht verwertet, wie schon in der ersten Halbzeit“, erklärte Magdeburgs Trainer Michael Biegler. Bei besserer Chancenauswertung, so Biegler, „kann man auch mit einer Führung in die Halbzeit gehen“. Es war der HSV, der fast ununterbrochen in Führung lag, aber immer wieder Aussetzer hatte.

Es fehlt auch ein wenig Harmonie, nicht in der Abwehr, die Schwalb für „ihren kämpferischen Einsatz“ lobte, „da haben wir den Gegner unter Druck gesetzt, da haben wir Magdeburg zu Fehlern gezwungen“. Doch im Angriff, „sieht man, dass wir wissen, was wir machen wollen, aber wir tun es nicht immer. Da fehlt noch die Abstimmung, da passen die Laufwege nicht immer“.

Der HSV knabbert an den Olympia-Nachwehen, der kurzen Vorbereitung, der Müdigkeit. Guillaume Gille, der Kopf der Mannschaft, versuchte das Defizit an gemeinsamem Training durch Sprechen auszugleichen. Jeder Pass zu Neuzugang Marcin Lijewski war mit dem Hinweis verbunden, welcher Spielzug nun dran ist. Bei Blaženko Lacković das Gleiche. Wer weiter weg stand, wurde per Handzeichen informiert. Das klappte, je länger das Spiel dauerte, immer besser. Und die zwei Magdeburger Kreisläufer, Christoph Theuerkauf und Bartosz Jurecki, die für eine gewisse Unruhe in der HSV-Deckung gesorgt hatten, wurden schließlich auch gezähmt.

Magdeburgs Trainer Michael Biegler hatte sich das Spiel über mit den Unparteiischen Uwe Prang und Uwe Reichl auseinandergesetzt, weil sie ihm nicht unparteiisch genug waren. Er hatte bei Hinausstellungen sarkastisch Beifall geklatscht, er hatte die Siebenmeter-Welle, die den HSV trug, beschimpft – am Ende hatte Hamburg acht und Magdeburg nur vier bekommen–, und er hatte, als das Spiel gelaufen war, resigniert abgewinkt.

Hinterher wollte er nichts über das Thema sagen. Sein sportlicher Stefan Leiter Stefan Kretzschmar meinte, „dass man zu den Schiedsrichtern nichts sagen muss, weil wir das Spiel verloren haben und nicht die“. Kretzschmar fand, „dass das, was der HSV gezeigt hat, noch nicht das Gelbe vom Ei war“, gestand aber immerhin eine „Verbesserung“ gegenüber Dormagen zu. Bei Schwalb ging das zum einen Ohr rein, und zum anderen raus. Der Sieg hatte ihm seine innere Ruhe wiedergegeben.