Furcht vor einem Irak-Krieg in Afghanistan

Afghanen wollen nicht wieder von der Welt vergessen werden, auch drohen neue Anschläge auf Ausländer

KABUL taz ■ Die Furcht vor einem Irakkrieg ist in Afghanistan spürbar. Hier weiß man um die Folgen eines militärisch ausgelösten Machtwechsels ohne anschließendes nation building. „Auch wenn die USA uns immer wieder versichern, es werde nicht so sein, wir glauben, dass mit einem Krieg im Irak das US-Engagement in Afghanistan zurückgehen wird“, sagt der Sprecher von Präsident Hamid Karsai, Sayed Faizal Akbar. Zwar sei der Rückgang der Hilfen für Afghanistan letztlich „ganz normal“, meint der Leiter des Kabuler Büros einer westlichen Hilfsorganisation. „Wie viel Geld Hilfsorganisationen in einem Land lassen, hängt jedoch auch davon ab, ob es im Zentrum des Medieninteresses steht. Kommt es zum Irakkrieg, wird unser Budget fallen.“

Buchverleger Schah Mohammad befürchtet eine Wiederholung afghanischer Erfahrungen zu Zeiten des Balkankrieges. „Als 1992 Afghanistans kommunistische Regierung zusammenbrach, hat sich niemand dafür interessiert. Die westlichen Regierungen waren schlicht mit etwas anderem beschäftigt.“

Ein europäischer Diplomat sagt: „Jetzt ist die beste Chance für einen dauerhaften Frieden, die Afghanistan seit mehr als 20 Jahren hatte.“ Er befürchte jedoch, „dass das Land durch einen Angriff auf den Irak ins Abseits des Interesses“ geraten würde. Während dies auch die Afghanen fürchten, machen sich die Soldaten der internationalen Friedenstruppe Isaf vor allem Sorgen um ihr Leben. Ein Krieg im Irak würde zweifellos auch in Afghanistan militante Islamisten mobilisieren, ihrem Hass gegen den Westen Ausdruck zu verleihen, warnte zum Wochenbeginn der türkische Isaf-Kommandant Hilmi Akin Zorlu. Gefährdet seien neben Isaf- und US-Soldaten auch UN-Mitarbeiter sowie andere Ausländer.

Vor allem im Osten und Nordosten Afghanistans kommt es schon jetzt immer wieder zu Anschlägen auf US-Soldaten. Doch auch das oft beschworene Bild einer befriedeten Hauptstadt hat längst Risse. Zuletzt schleuderten Mitte Dezember im Zentrum Kabuls mehrere Angreifer eine Granate in einen US-Militärjeep. Zwei GIs und ihr afghanischer Dolmetscher wurden verletzt. Wenige Tage später sprengte sich vor dem Quartier der deutschen Isaf-Truppen ein Selbstmordattentäter in die Luft. Ein Afghane starb, zwei Franzosen kamen mit Beinbruch und Schnittwunden im Gesicht davon. Obwohl Generalmajor Zorlu die Anschläge als „Einzelfälle“ bezeichnete, wurden die Sicherheitsvorkehrungen in den letzten Wochen verschärft. PETER BÖHM