pro oder contra reli
: Jetzt beginnt der Wahlkampf

Noch läuft nur das Vorgeplänkel um die Genehmigung für die Aufstellung der Unterschriftenstände. Doch wenn „Pro Reli“ es schafft, im nächsten Schritt 170.000 Unterschriften zu sammeln, dann kann die Stadt im nächsten Jahr auf eine ausgewachsene, handfeste politische Auseinandersetzung zusteuern. Und diesmal geht es dabei um die ganz großen Fragen – Glaube und Ethik.

KOMMENTAR von SEBASTIAN HEISER

Das bringt den Senat in die Bredouille. Denn die Befürworter des Volksbegehrens werden ihr Vorhaben in nächster Zeit mit so viel Bedeutung aufblasen, dass vielen Beobachtern schwindelig werden wird. Dabei geht es eigentlich gar nicht um viel. Denn schon jetzt können Schulkinder freiwillig den Religionsunterricht besuchen. Egal ob sie das machen oder nicht – sie haben auf jeden Fall noch zusätzlichen Ethikunterricht, das Fach ist seit dem Jahr 2006 Pflicht.

Die Kirchen wollen nun, dass die Fächer Ethik und Religion zeitlich parallel unterrichtet werden und die Schüler sich für eines von beidem entscheiden müssen. Die Schüler werden also weiterhin die Wahl haben. Mit einem Unterschied: Wer sich für den Unterricht in katholischer oder evangelischer Religion entscheidet, wird nicht zusätzlich noch Ethikunterricht haben.

Die Initiatoren des Volksbegehrens haben es mit Unterstützung der Kirchen bereits jetzt geschafft, dies in der öffentlichen Debatte genau andersherum darzustellen: Ihnen gehe es um Wahlfreiheit, um „mehr Werte“ statt um weniger Ethikunterricht. Das Perfide ist: Gegen diese Argumentation der Christen kann sich der Senat nicht öffentlich wehren, schließlich wird der von Sozialdemokraten und Linken gestellten Regierung ohnehin schon unterstellt, sie nähme es mit Werten nicht so ernst. Eine Argumentation, die auf Werte setzt, zielt also in die offene Flanke des Senats.

Und genau darum hat das Thema mehr Sprengstoff als die zahme Auseinandersetzung um den Flughafen Tempelhof.