Gefahrenquelle Kapitalismus

betr.: „USA: Real existierender Neoliberalismus“, Kommentar von Malte Kreutzfeldt, taz vom 20. 9. 08

Allen Kommentaren zur Finanzmarktkrise ist eines gemeinsam: Es herrscht offenbar immer noch der Glaube, es mit Fehlern im System zu tun zu haben und nicht mit einem fehlerhaften System!

Da werden die „Exzesse“ an den Börsen angeprangert, die „Gier“ der Manager gegeißelt, eine Zähmung des „Raubtierkapitalismus“ gefordert, als seien charakterschwache Individuen für die Krisen verantwortlich. Wann wird endlich zugegeben, dass das Krisen Verursachende immanent zum System des Kapitalismus gehört? Die treibende Kraft ist doch der Zins, der beim Geldverleihen ins Spiel kommt, und damit wird eine exponentielle Wachstumsentwicklung in Gang gesetzt, die in der Natur, also auch in der Realwirtschaft, keine Entsprechung finden kann. Jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum.

Was darunter konkret zu verstehen ist, haben Herrscher bereits in alttestamentarischer Zeit erkannt, als sie alle 50 Jahre einen Schuldenerlass ausriefen. Nun kommt nach über 60 Friedensjahre der „Erfolg“ des Kapitalismus so richtig zum Tragen. Allerdings wirft er immer größere Probleme auf, weil die Wirtschaftsleistung bestenfalls linear wächst (dass selbst dies ökologisch bedenklich ist, sei hier ausgeklammert). Wie irrsinnig die zinseszinsgetriebene Entwicklung abläuft, zeigt das Beispiel des „Josefspfennig“ (mit dem sogar schon Sparkassenwerbung betrieben wurde): Ein Pfennig zu Jesu Geburt auf einem Sparkonto mit fünf Prozent angelegt, hätte sich bis zum Jahr 2004 zu einem Vermögen ausgewachsen, das nur noch in Goldkugeln vom Gewicht der Erde zu bemessen wäre – allerdings 268 Milliarden Stück! Auf solch einer Unmöglichkeit basiert unser Geldsystem. Dann muss man sich auch nicht über zusätzliche „Exzesse“ im Kleinen wundern.

Ein Trost: Der Kapitalismus ist kein Naturgesetz – im Gegenteil! Er ist eine Gefahrenquelle, die wir schnellstens beseitigen sollten – und können! VOLKER FREYSTEDT, München