Geht’s los?

Ein offizielles Kulturhauptstadt-Strategiepapier verheißt den Einrichtungen stabile Finanzen und dem gesamten Stadtstaat „Aufbruchsstimmung“

„Vielfach angemahnt, erwartet, erhofft“ – jetzt liegt es vor: Ein „Vorläufiges Bewerbungs-Konzept“ für Bremens Ambitionen, 2010 „Kulturhauptstadt Europas“ zu sein. Beziehungsweise, wie Senatssprecher Klaus Schloesser weiter formulierte, ein „ausgereiftes Diskussionspapier“.

Entschiedener gesagt: „Ein richtiger Durchbruch nach all’ den Irrungen und Wirrungen vor Weihnachten“. So der O-Ton von Kultursenator Kuno Böse. Als „Botschaft an die Kulturszene“ will er den Satz verstanden wissen: „Die Bremischen Kultureinrichtungen werden in einem noch fest zu legenden Ressourcenrahmen in den Stand versetzt, entscheidendes Fundament der bremischen Kulturhauptstadt-Bewerbung zu sein.“

Diese Aussage lässt sich konkret auf das bisher ergebnislos diskutierte Modell der jeweils für drei Jahre garantierten „Zuwendungsverträge“ für die Bremer Kultureinrichtungen beziehen.

Die Erfahrung – etwa von Glasgow als Kulturhaupstadt 1990 – beweise, so Böse, dass Kultur zum entscheidenden „Sanierungsmotor“ einer Stadt werden könne. Diese strategische Ausrichtung sei nun auch in Bremen mit allen Ressorts abgestimmt.

In der Tat verheißt das 16-seitige Papier eine „Bündelung der Kräfte“ und die Erzeugung von „Aufbruchsstimmung“, wodurch etwa die Einlösung des Plans „InnoVision“ 2010, dem zufolge das Land Bremen in sieben Jahren zu den „Top 10“ der deutschen Technologiestandorte gehören soll, „maßgeblich gefördert“ werden könne.

Mit anderen Worten: Die endlich vorgelegte Strategie des Senats verspricht der hiesigen Kulturszene Gutes, bezieht sich aber ausdrücklich auch auf Wissenschafts- und Technologieförderung. Dazu passt das propagierte „breite, offene Verständnis von Kultur“, das „unbekümmerte“ Infragestellen der Trennung „zwischen ,E’ und ,U’, Kunst und Kommerz [!], ... Avantgarde und attraktiven Events“. Auch die Geistes-, Sozial-, Natur- und Ingenieurswissenschaften sollen partizipieren. Als weiteren Rahmen bezeichnet das Papier die Zusammenarbeit mit den östlichen Partnerstädten Danzig, Riga und Bratislava.

Um der Bewerbung „Rückenwind“ zu geben, soll Bremen mit noch nicht näher bestimmten „Referenzprojekten“ (entweder eigens entwickelten oder zu solchen erklärten) mit tranzdisziplinärem Cross-Over-Charakter bundesweit auffallen. Deren Koordinierung wird bei einer „selbständigen, aber dem Kulturressort zugeordneten Organisationseinheit“ liegen, wie Böse erklärte. Als deren künstlerischer Leiter schwebe ihm bereits eine noch nicht zu nennende Person von außerhalb Bremens vor, die kaufmännische Geschäftsführung werde ebenfalls nicht ausgeschrieben, sondern – „so schnell wie möglich“ – vor Ort besetzt. Die Finanzierung dieser Bewerbungssgesellschaft (der angenommene Bedarf liegt bei zwei Millionen Euro) wird erst Ende Januar mit Verabschiedung einer entsprechenden Senatsvorlage geklärt werden.

An beratenden Gremien jedenfalls wird wohl kein Mangel herrschen. Böse will aus „reputierten Personen“ einen „Rat der Weisen“ bilden, der wiederum ihm als dem federführenden Senator zugeordnet sei. Ein Bremer „Beirat“ soll die speziellen Projekte des Kulturressorts begleiten – jedes der durch die Staatsräte-Lenkungsgruppe (der übrigens nicht die Kulturstaatsrätin, sondern Senatskanzlei-Chef Reinhard Hoffmann vorsitzt) beteiligte Ressort soll eigene Projekte initiieren. Salopp gesagt: Viele Köche werden das Festmahl richten.

Klaus Sondergeld, Chef der Bremer Marketing Gesellschaft, verteilte derweil schon froh gemut die aktuelle „HörZu“ – in der wird für den heutigen Samstag ein Primetime-Feature auf „3sat“ über die Eröffnung der Grazer Kulturhauptstadt-Feiern angekündigt. Sondergeld war wesentlich an der Erstellung des jetzt vorliegenden Papieres beteiligt, das ausdrücklich die Steigerung der Zahl der Tagesbesucher und Übernachtungsgäste als „externes Ziel“ nennt. Ganz allgemein wird festgehalten: Bremen sei „auf Gedeih und Verderb“ darauf angewiesen, seine „Bindungs-, Anziehungs- und Ausstrahlungskraft“ nachhaltig zu stärken.

Das Strategiepapier steckt in der Tat voll der schönsten Nachhaltigkeitsformulierungen. Die weitest gehende versteckt sich bescheiden in Unterpunkt fünf der „internen Ziele“. Der hält fest: Die „tragenden Bestandteile [des Kulturhauptstadt-Konzepts] ... werden auch unabhängig von der Bremer Bewerbung umgesetzt.“

Henning Bleyl

Am 31. Januar findet im Rathaus eine Informationsveranstaltung als Auftakt zum Bewerbungsverfahren statt