zahl der woche
: Sibirisches Öl ist begehrt

Mütterchen wird übermütig

Moskau kann sich nicht entscheiden. Wer erhält den Zuschlag beim Bau der im russischen Fernen Osten für den Transport des sibirischen Öls geplanten Pipeline, China oder Japan? Beides sind aus Kreml-Sicht keine unkomplizierten Partner. Auch der dreitägige Besuch des japanischen Premiers Junichiro Koizumi in Eurasien hat zu keiner Klärung geführt. Eine Vereinbarung über eine gemeinsame Finanzierung der fast 4.000 Kilometer langen Leitung mit einem Investitionsvolumen von fünf Milliarden US-Dollar ist nach wie vor nicht in Sicht.

Japan schaut begehrlich auf die sibirischen Ölvorräte. Auch Tokio möchte sich vom Nahen Osten, der 88 Prozent des heimischen Ölbedarfs stellt, unabhängiger machen.

Japan favorisiert eine Ölpipeline, die von Angarsk, westlich des Baikalsees, über Chabarowsk bis nach Nachodka am Japanischen Meer ausschließlich über russisches Territorium verlaufen würde.

Nun hat Moskau den Chinesen aber früher zugesagt, eine Leitung von Angarsk ins nordostchinesische Erdölindustriezentrum Dazin zu verlegen. Diese Route wäre mit 2.400 Kilometern ein Drittel kürzer und würde nur 1,8 Milliarden Dollar kosten. Die Chinesen wären aber die einzigen Abnehmer. Über den Pazifikanschluss Nachodka könnten auch die USA noch Nutznießer russischen Öls werden.

Je mehr Werber, desto übermütiger wird Mütterchen Russland. Aus dem Moskauer Energieministerium hieß es: „Wir haben einfach nicht genug Öl, um die Versorgung Chinas und der Pazifikregion zu garantieren.“ Der Kreml habe eine delikate Entscheidung zu treffen, ohne einen der Bewerber vor den Kopf zu stoßen. Moskau pokert also weiter.

Gleichwohl versteckt sich hinter den Alternativrouten auch ein Konkurrenzkampf der russischen Ölgiganten Transneft und Yukos. Der letzte staatlich kontrollierte Konzern Transneft soll die Pazifiktrasse bevorzugen, Yukos will an China festhalten. Als wichtigster Ölproduzent in Sibirien hat Yukos mit Peking bereits Langzeitverträge über die Lieferung von 20 Millionen Tonnen jährlich ab 2005 und 30 Millionen Tonnen ab 2010 abgeschlossen.

KLAUS-HELGE DONATH