Doch kein Bummeln

Klinikärzte streiken nicht. Das sei eine unerklärliche Falschmeldung. Aber Protesttag am 22. Januar gibt es

BERLIN taz ■ Bummelstreiks im Krankenhaus? Der Chef des Marburger Bundes, in dem die Klinikärzte organisiert sind, wusste gestern von nichts. „Es ist zurzeit nichts geplant“, versicherte Frank Ulrich Montgomery gegenüber der taz. „In den andauernden Tarifverhandlungen sind wir sowieso noch in der Friedenspflicht.“ Montgomery konnte sich daher nicht erklären, wie es zu der Nachricht in der Berliner Zeitung kam, dass neben den niedergelassenen Ärzten nun auch die Klinikärzte mit Nichtarbeit drohten.

Aber auch wenn der Bummelstreik in den Kliniken ausfällt, wird es Protestaktionen geben. 38 Ärzte-, Apotheker- und Pflegeverbände im „Bündnis (für) Gesundheit“ wollen am 22. Januar einen Protesttag veranstalten. Geplant sind Kundgebungen in Bremen, Hannover, Rostock, Stuttgart und Potsdam. „Wir wollen unter dem Motto ‚Gegen den Ausverkauf des Gesundheitswesen‘ dagegen demonstrieren, dass die Politik nicht mehr die Patientenbehandlung, sondern die Krankheitsverwaltung in den Vordergrund stellt“, sagte der Kassenärzte-Sprecher Roland Stahl gestern zur taz.

An welcher politischen Maßnahme dieser Trend zur Patientenverachtung abzulesen sei, konnte Stahl nicht erläutern. Es gehe um die Sparpolitik der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) insgesamt, vor allem um die Nullrunde für Ärzte und Krankenhäuser. Nicht mehr „der Mensch, sondern nur noch Zahlen“ seien wichtig, so Stahl. Wer im Gesundheitssystem arbeite, sei „frustriert“ und wolle dem Ausdruck verleihen. Deshalb würden sich die Protestaktionen nach dem 22. Januar sicherlich ausweiten.

Allerdings darf die Trag- und Aktionsfähigkeit des Bündnisses bezweifelt werden, das beansprucht, die über vier Millionen Beschäftigten im Gesundheitsbereich zu vertreten. So sind längst nicht alle niedergelassenen Ärzte überzeugt, dass die Idee so gut ist, mittwochs die Praxen zu schließen. Dies schlägt der Hartmannbund vor.

Der Ton von Kassen und Politik wird unterdessen schärfer. Gestern warnte die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) die Kassenärzte davor, ihre vertragsärztlichen Pflichten zu verletzen. Verschiedene Kassensprecher haben bereits angekündigt, den Ärzten für nicht erbrachte Leistungen Geld zu entziehen.

ULRIKE WINKELMANN