SPD versteht Kanzler

Schröder gewinnt jetzt auch die Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion für seinen diplomatischen Irakkurs

BERLIN taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Irritationen in der SPD über die Haltung der Bundesregierung zu einem Irakkrieg fürs Erste ausgeräumt. Nachdem Schröder Anfang der Woche schon den Parteivorstand auf dessen Klausurtagung in Wiesbaden fast einstimmig hinter sich gebracht hatte, überzeugte er am Freitag auch die SPD-Bundestagsfraktion, die sich in Berlin zu einer zweitägigen Klausur getroffen hatte. Dem Kanzler gelang das in beiden Fällen, ohne auf die umstrittene Frage der zurückliegenden Tage eine klare Antwort zu geben: Wie verhält sich Deutschland bei einer möglichen Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über einen Krieg gegen den Irak?

Schröder wiederholte in der Fraktion, was er schon in Wiesbaden gesagt hatte. Es sei müßig, über das Abstimmungsverhalten zu spekulieren, weil unklar sei, ob es überhaupt eine zweite UN-Resolution geben werde, und falls ja, welchen Inhalt sie habe. Das hatte Ende vorigen Jahres auch Außenminister Joschka Fischer gesagt. Fischer aber hat mit seinen Äußerungen bei vielen Sozialdemokraten den Verdacht genährt, die Bundesregierung betreibe einen Strategiewechsel in ihrer Irakpolitik und könnte im UN-Sicherheitsrat möglicherweise einem Krieg zustimmen, obwohl sie eine deutsche Beteiligung daran ablehnt.

Im Gegensatz zu seinem Außenminister versteht es der Kanzler jedoch, die SPD davon zu überzeugen, dass die plötzlich entdeckte Zurückhaltung der Regierung nicht etwa einen Bruch ihres Wahlversprechens bedeutet, sondern notwendige diplomatische Taktik ist. So hat Schröder in der Fraktion klar gemacht, dass sich „das Abstimmungsverhalten Deutschlands im UN-Sicherheitsrat an der grundsätzlichen Position der Bundesregierung zu einem Irakkrieg orientieren“ werde. Und die sehe so aus: Deutschland wird sich im UN-Sicherheitsrat aktiv dafür einsetzen, dass ein Krieg gegen den Irak vermieden werden kann. Die UN-Resolution 1441 zur Entwaffnung Iraks müsse umgesetzt werden. Falls es doch zu einer militärischen Auseinandersetzung komme, würden sich deutsche Soldaten daran nicht beteiligen.

Jeder SPD-Abgeordnete kann jetzt selbst überlegen, was das praktisch heißt: ein deutsches Nein im Sicherheitsrat? Enthaltung? Oder doch ein Ja, trotz „grundsätzlicher Position“ der rot-grünen Regierung? Letzteres ist nach Schröders gestrigen Worten jedoch nur schwer vorstellbar. Wahrscheinlich ist eine Enthaltung. JENS KÖNIG