„Zu kurz greifende Analyse“

In der CSU streitet man sich, wie Deutschland im UN-Sicherheitsrat stimmen sollte, falls ein Irakkrieg Thema wird. Fraktionsvize Wolfgang Schäuble glaubt trotzdem, dass der Unionskurs „nicht umstritten“ ist. Aber: „Niemand will Krieg“

aus Berlin BETTINA GAUS

Der drohende Krieg gegen den Irak sorgt nun auch innerhalb der Unionsparteien für Zündstoff. Während in den letzten Wochen vor allem die rot-grüne Regierungskoalition in die Glaubwürdigkeitsfalle zu laufen drohte, ist es jetzt auch auf der CSU-Klausurtagung in Kreuth zum offenen Streit über den künftigen Kurs in dieser Frage gekommen. Die Schwesterpartei CDU will sich nun offenbar vor allem bemühen, in diesen Konflikt nicht hineingezogen zu werden.

Der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe wertete die Auseinandersetzung gegenüber der taz als „Zeichen eines zu autoritären Führungsstils innerhalb der CSU“. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble erklärte, bislang sei eine Grundsatzdebatte über die Irakfrage auf der Zusammenkunft der Christdemokraten am Wochenende „nicht vorgesehen“. Er habe allerdings auch nichts gegen eine solche Diskussion: Seiner Ansicht nach ist der prinzipielle Kurs innerhalb der Partei „nicht umstritten“.

In Kreuth war ein Papier des CSU-Verteidigungspolitikers Christian Schmidt, in dem Unterstützung für militärische Maßnahmen gegen den Irak signalisiert wird, auf unerwarteten Widerstand gestoßen. Der Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler forderte, die Bundesregierung müsse bei einer entsprechenden Abstimmung im UN-Sicherheitsrat einen Irakkrieg ablehnen. Darüber hinaus kritisierte er einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge die Führungsspitze der Union und bezeichnete deren Haltung als „ein einziges Geeier.“

Gauweiler erhielt Schützenhilfe von mehreren Teilnehmern der Klausurtagung, darunter von dem ehemaligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Carl-Dieter Spranger. Das Schmidt-Papier war nicht im Vorfeld mit den Abgeordneten der CSU-Landesgruppe abgestimmt worden. Fraktionsvize Wolfgang Schäuble zeigte gegenüber der taz Verständnis für Bedenken angesichts einer drohenden Kriegsgefahr. Die Einwände von Gauweiler bezeichnete er jedoch als „eine zu kurz greifende Analyse“. Die „Nichtverbreitungspolitik von Massenvernichtungswaffen ist eine, wenn nicht die zentrale Herausforderung“ der Gegenwart. Um dieses Ziel zu erreichen, sei es notwendig, dass man keine Gegenmaßnahme ausschließe. Also auch keine militärischen Maßnahmen gegen Staaten, die sich dem in den Weg stellten wie der Irak.

Die Bekämpfung des Terrorismus hängt nach Ansicht von Schäuble „unmittelbar“ mit der Frage zusammen, wie das Ziel der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen erreicht werden könne. Werde das nicht verwirklicht, dann steige auch die terroristische Bedrohung. „Niemand will Krieg.“ Um das angestrebte Ergebnis zu erreichen, sei es notwendig, ein entsprechendes Drohpotenzial aufzubauen.

Wolfgang Schäuble gab zu erkennen, dass er hinsichtlich dieser Frage keine weit reichenden Richtungsdiskussionen innerhalb der Union erwartet: „Wenn die Union nicht mehr Kurs halten würde, dann würde sie einen wesentlichen Teil ihrer Grundlagen verlieren. Das wird jedoch nicht geschehen.“

Seine Partei sei immer der Ansicht gewesen, der Friede lasse sich am besten dadurch sichern, „dass wir möglichst viele Verbündete haben, mit denen wir gemeinsam handeln und denen wir verlässliche Partner sind.“ Daran habe sich nichts geändert.

Schäuble erwartet daher nicht, dass auf der Klausurtagung der CDU ein Grundsatzstreit über die Haltung zu einem möglichen Irakkrieg entsteht. Stattdessen will die Partei sich vor allem mit den Themen Arbeitsmarkt und Sozialpolitik befassen.