Selbstdiagnose: Sucht

Nach Kritik von SuchtexpertInnen am Online Roulette hat die Spielbank Hamburg auf ihrer Hompepage eine Checkliste für SpielerInnen eingebaut. Die kann anklicken, wer will. Ansonsten spielt Hamburg immer mehr

von ELKE SPANNER

„Real game, real money.“ Die Spielbank Hamburg verspricht Spannung, Entspannung und ein Portemonnaie, das nach Verlassen des Casinos mit dicken Gewinnen gefüllt sein soll. SuchtexpertInnen aber weisen schon lange darauf hin, dass das Glücksspiel nur selten reich, häufiger hingegen abhängig macht. Zuletzt ist die Kritik im vergangenen Oktober laut geworden, als die Spielbank Hamburg das bundesweit erste Online-Roulette eröffnet hat. Die Betreiber sollten zumindest Hilfsangebote für Süchtige bereitstellen und Mechanismen einführen, um auf „pathologische Spieler“ aufmerksam zu werden, hieß es. Nun hat die Spielbank reagiert – und auf ihrer Internetseite eine Checkliste zur Selbstdiagnose veröffentlicht.

Zu der wird nicht etwa automatisch geleitet, wer zum virtuellen Roulette will. Die Rubrik „verantwortungsbewusstes Spielen“ können Spieler anklicken, die sich angesprochen fühlen. Dort finden sie eine Checkliste aus 20 Fragen. So sollen sich die SpielerInnern selber beantworten, ob bei ihnen „nach Auseinandersetzungen, Streit, Enttäuschung oder Frustration der starke Wunsch entsteht, Spielen zu gehen“. Oder ob sie „nur widerstrebend Spielgeld für alltägliche Ausgaben verwenden“ oder sich „schon einmal Geld geliehen haben, um Spielen zu gehen“. Wer mindestens sieben der Fragen mit ja beantwortet, so heißt es am Schluss, solle sich an das Hamburger Büro für Suchtprävention wenden. Warum, steht dort nicht – ängstigende Begriffe wie Spielsucht tauchen auf der Homepage nicht auf. Ebensowenig der Hinweis, dass das Büro für Suchtprävention zum Jahreswechsel umgezogen ist und unter der genannten Adresse nicht mehr anzutreffen ist.

Ob das Online-Roulette neue Süchtige hervorgebracht hat, ist noch unklar. „Bei Neuerungen dauert es in der Regel zwei Jahre, ehe die Folgeerscheinungen abzusehen sind“, sagt Suchtberater Detlef Kress von der „Aktiven Suchthilfe“. Bert Kellermann, pensionierter Psychiater, weist darauf hin, dass es auch vor der Lizensierung des Online-Roulettes schon illegale Glücksspiele im Netz gab, nach denen SpielerInnen süchtig wurden.

Dass das Glücksspiel Gefahren birgt, ist auch dem Staat bekannt. Deshalb ist es laut Gesetz verboten und nur in dafür lizensierten Spielbanken erlaubt. „Da das Glücksspiel eine laut Gesetz unerwünschte Tätigkeit ist“, sagt Suchtberater Kress, „dürfen Spielbanken nicht den Zweck verfolgen, Geld zu verdienen.“ Folglich dürften sie auch keine Werbung machen. Erst am Freitag hat die Spielbank Hamburg ihre neue Werbekampagne mit „Roulette-Menüs“ vorgestellt. An der Mundsburg ist jüngst das fünfte Automatencasino Hamburgs entstanden, und auch im Hotel Intercontinental soll ein zusätzlicher Automaten-Raum eingerichtet werden. Und das Casino soll an den Dammtorbahnhof umziehen – das Hotel an der Außenalster, so die Begründung, sei zu abgelegen. Das Casino solle in die City verlagert werden – um noch mehr KundInnen anzuziehen.