Nordkorea erhöht Druck auf die USA

Das Regime in Pjöngjang versucht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die USA zu Verhandlungen zu bewegen. Dabei gehen Drohungen mit versöhnlichen Signalen einher und lassen Washington über Nordkoreas wahre Absichten im Dunkeln

von SVEN HANSEN

Nordkorea hat am Samstag mit der Beendigung seines Raketentestmoratoriums gedroht. Damit verschärfte die Regierung in Pjöngjang die Spannungen im Streit um ihr Atomprogramm weiter, nachdem sie am Vortag den Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag erklärt hatte. Nordkoreas Botschafter in Peking, Choe Jin Su, erklärte am Samstag vor der Presse: „Wir haben den Schritt, Raketenabschüsse vorläufig auszusetzen, in der Erwartung unternommen, dass der Dialog zwischen der Demokratischen Volksrepublik Korea und den Vereinigten Staaten fortgesetzt würde.“ Da die USA aber alle Abkommen mit Nordkorea ungültig gemacht hätten, bilde das Moratorium jetzt keine Ausnahme. Was immer Nordkorea in Zukunft mache, hänge allein von den USA ab, sagte Choe.

Pjöngjang hatte im August 1998 eine dreistufige Langstreckenrakete vom Typ „Taepodong 1“ abgefeuert. Ihre zweite Stufe flog über Japans Hauptinsel, während die später entdeckte dritte gar 5.000 Kilometer vom Abschussort entfernt in den Pazifik stürzte. Im März 1999 erklärte Nordkorea ein einseitiges Testmoratorium bis 2003. Noch im September 2002 sicherte Nordkoreas Diktator Kim Jong Il dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi bei dessen Besuch in Pjöngjang die Verlängerung des Moratoriums zu.

Zum Zeichen der nordkoreanischen Entschlossenheit demonstrierten am Samstag in Pjöngjang nach offiziellen Angaben über eine Million Menschen. Bei der vom Regime verordnete Massenkundgebung demonstrierten die Menschen „mit brennendem Hass auf die US-Imperialisten“, schrieb die amtliche Nachrichtenagentur KCNA.

Nordkorea erhöhte mit seinen jüngsten Schritten den Druck auf die US-Regierung, um sie zu Verhandlungen über sein Atomprogramm im Tausch für einen Nichtangriffspakt zu bewegen. Derweil sendeten zwei nordkoreanische Gesandte in Santa Fé gegenüber dem Gouverneur von New Mexico, Bill Richardson, versöhnliche Signale aus. Der Politiker der Demokraten hatte in seiner früheren Funktion als UN-Botschafter mehrfach mit Nordkorea verhandelt. Jetzt suchten ihn Pjöngjangs stellvertretender UN-Botschafter und ein weiterer Diplomat auf, um auch auf diesem Wege auf Verhandlungen zu drängen. Richardson erhielt von der US-Regierung jedoch nur ein Gesprächs- und kein Verhandlungsmandat. Nach den Gesprächen berichtete er am Samstagmittag, die Nordkoreaner hätten ihm erklärt, ihr Land wolle keine Atomwaffen bauen.

Eine US-Außenamtsprecherin kommentierte Richardsons Gespräche mit den Worten, die Nordkoreaner seien nicht auf die Themen eingegangen, die die internationale Gemeinschaft sorgten. Noch hält die US-Regierung an ihrer Linie fest, mit Nordkorea nicht verhandeln zu wollen, solange das Land sich nicht an seine Verpflichtungen halte. US-Medien kritisierten am Wochenende die Uneinigkeit in der Regierung gegenüber Nordkorea.

Seit gestern sondiert der US-Außenamtsstaatsekretär James Kelly in Seoul. Die dortige Regierung bietet sich als Vermittlerin an. Kelly will in den nächsten Tagen auch Tokio und Peking besuchen. Neben Russland hat nur China einen gewissen Einfluss auf das Regime in Pjöngjang. Peking und Moskau warnen davor, Druck auf Pjöngjang auszuüben. Stattdessen forderten sie Washington auf, Nordkorea die geforderten Sicherheitsgarantien zu geben. Russland will selbst einen dreiteiligen Plan vorlegen. Er sieht den Erhalt des atomfreien Status der koreanischen Halbinsel vor, einen multilateralen Dialog samt Sicherheitsgarantien für Nordkorea und die Wiederaufnahme der Öllieferungen.

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