Neue Steuerdebatte

SPD-Gabriel beharrt auf Steuersenkung, um Bürgern Geld zurückzugeben. CDU-Merz erkennt: Das ist nicht seriös

BERLIN taz/dpa ■ Um die Steuerpolitik sind in den großen Parteien neue, überraschende Dispute ausgebrochen. Erstmals hat sich ein CDU-Vertreter von der erklärten Steuersenkungspolitik seiner Partei verabschiedet – jedenfalls für eine bestimmte Zeit. Friedrich Merz sagte dem Göttinger Tageblatt, dass Steuersenkungen derzeit nicht in Frage kämen: „Wer das verspricht, ist nicht seriös.“

Friedrich Merz vertritt die CDU im Bundestag in den wichtigen Politikfeldern Wirtschaft, Arbeit und Finanzen. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) stimmte ihm zu. Was Merz sage, sei „für eine Krisenzeit“ richtig. Der am 2. Februar in Hessen zur Wiederwahl anstehende Koch verabschiedete sich aber nicht grundsätzlich von Steuersenkungen für die Lohnsteuerpflichtigen. Die Legislaturperiode sei noch lang.

Merz und Koch reagierten offenbar auf die fortgesetzte Kampagne des niedersächsischen Ministerpräsidenten und Wahlkämpfers Sigmar Gabriel (SPD). Der forderte erneut, die für das Jahr 2004 geplante Steuerreform um sechs Monate vorzuziehen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte das Ansinnen seines Nach-Nachfolgers als Ministerpräsident in Hannover bereits zurückgewiesen. Gabriel lässt aber nicht locker. Er sagte nun, er verstehe nicht, „warum die Bundesregierung darauf so spitz reagiert“.

Fachleute des niedersächsischen Ministerpräsidenten hatten errechnet, dass die Finanzhilfen des Bundes für die Flutkatastrophe nicht ganz gebraucht werden. Es blieben zwischen zweieinhalb und vier Milliarden Euro übrig, rechnete Gabriel vor. Er forderte: „Wenn die ehrliche Abrechnung zeigt, dass Milliarden übrig sind, muss das Geld an die Steuerzahler zurückgegeben werden.“ Er plädierte dafür, die um ein Jahr verzögerte Steuerreformstufe auf Juli vorzuziehen. Das würde 3,5 Milliarden Euro kosten. Insgesamt hatten knapp 10 Milliarden Euro Fluthilfe für die Betroffenen und die Länder bereitgestanden.

Die Bundesregierung hatte kurz vor der Wahl die für 1. Januar 2003 vorgesehene Steuerreform verschoben – um die enormen Flutschäden bezahlen zu können. Die Steuersätze sinken am 1. Januar 2004 von 48,5 auf 47 Prozent (Spitzentarif) und von 19,9 Prozent auf 17 Prozent (Eingangstarif). Die Opposition hatte die Verschiebung der Steuerreform um ein Jahr stets kritisiert: Es sei eine faktische Steuererhöhung. CIF