„Jetzt klotzen!“

2005: 12 Millionen Euro Defizit. 2010: Kulturhauptstadt?

taz ■ Die Unterfinanzierung der Bremer Kultureinrichtungen im laufenden Jahr wird offiziell mit 1,92 Millionen Euro beziffert. Diese Zahl gab Kultursenator Kuno Böse (CDU) gestern bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Kulturdeputationssprecherin Carmen Emigholz (SPD) bekannt.

In diese Berechnung eingeschlossen sind allerdings nur die 30 Bremer Einrichtungen, deren Jahreshaushalt über 100.000 Euro liegt. Die Defizitzahl stammt aus Berechnungen der „Kultur Management Bremen“ (kmb). Böse: „Damit hat die ansonsten viel gescholtene kmb unter Anlegung strengster Kriterien bewiesen, wie groß der Fehlbetrag tatsächlich ist.“ Alle zukünftigen Risikofaktoren seien einbezogen worden, ergänzte Emigholz – etwa Tarifsteigerungen (85 Prozent der Kulturausgaben sind Personalkosten), die Rückholung im Kulturbereich arbeitender LehrerInnen an die Schulen oder der Wegfall von ABM- und ähnlichen Maßnahmen. Für 2004 entstünde so ein Defizit von acht Millionen, für 2005 sogar 12 Millionen Euro.

Angesichts dieser „enormen Summen“ äußerte Böse Verständnis für die Entscheidung des Senats, den Beschluss über dreijährige Kontrakte auf die kommende Legislaturperiode zu verschieben. Gleichwohl identifiziere er sich weiterhin mit dem Ziel, den Einrichtungen auf diese Weise mittelfristige Planungssicherheit zu verschaffen.

Der aktuelle Fehlbetrag sei durch eine Liquiditätshilfe des Senats gedeckt und komme den Einrichtungen bereits zu Gute – als Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung Bremens zur „Kulturhauptstadt Europas“ 2010. Böse: „Wir müssen jetzt klotzen statt kleckern“. Mit lediglich „ein paar Projekten“ könne Bremen nicht Hauptstadt werden. Außerdem sei für ihn unerlässlich, das schnell eine „unabhängige Bewerbungsgesellschaft“ gegründet werde. Böse: „Den Anschluss an eine andere Gesellschaft werde ich nicht akzeptieren.“ Hintergrund sind frühere Unstimmigkeiten über die Frage, wer die Federführung des Hauptstadtprojektes habe: das Kulturressort oder andere senatorische Stellen.

In der Kulturszene gibt es außerdem Befürchtungen, dass die Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft (HVG) mit der Abwicklung betraut werden könnte, wie im Fall des Bremer Kulturbeitrags zur Expo 2000. Wegen dessen Dürftigkeit hatten die Hannoveraner Verantwortlichen damals sogar die zur Präsentation geplante Pressekonferenz abgesagt.

Für die Kulturdeputation betonte Carmen Emigholz, dass die genaue Konzeption der Bewerbung jetzt kritisch werde. Schließlich müsse sicher gestellt sein, dass das Projekt für die ganze Stadt attraktiv sei.

Derweil beschloss die Deputation, aus Wettmitteln den Finanzbedarf bereitzustellen, der für die Weiterbeschäftigung einer Museumspädagogin und einer Stelle für Öffentlichkeitsarbeit an der Bremer Kunsthalle gebraucht wird. Dem Haus standen bisher – trotz seiner überaus erfolgreichen Großausstellungen – nur lückenhafte Mittel für diese Bereiche zur Verfügung.

Henning Bleyl

Das vorläufige Konzept der Bremer Bewerbung zur Kulturhauptstadt ist im Netz unter www.bremen.de/innensenator abrufbar („Punkt 4: Aktuelles“). Am 31.1. wird sie im Rathaus vorgestellt