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: Sozialplan als Geschäftsidee

Die Fußball-EM soll zu einem Mega-Turnier werden. Heute entscheidet die Uefa über die Pläne ihres Präsidenten

Er hat ein Herz für die Kleinen, heißt es. Michel Platini, der Präsident der Europäischen Fußballunion (Uefa), ist immer noch dankbar, weil es die armen, nicht selten neuen Verbände aus Ost- und Südosteuropa waren, die ihn mit ihren Stimmen ins höchste kontinentale Fußballamt gewählt haben. Vor seiner Wahl präsentierte sich Platini als der große Fußballsoziale, als einer, der dafür kämpft, dass jeder Verband, und sei er noch so klein, die Chance bekommt, mit den ganz Großen mitzuspielen. Die Champions League hat er inzwischen im Sinner kleinerer Verbände umgemodelt. Heute auf der Sitzung der Uefa-Exekutive in Bordeaux soll der nächste Sozialplan à la Platini verabschiedet werden. Das Teilnehmerfeld der Fußball-Europameisterschaften soll von 16 auf 24 Teams aufgestockt werden. Ein irrwitziges Großturnier, an dem beinahe die Hälfte der 53 Uefa-Verbände mitspielen dürfte, könnte entstehen.

Wer, bitte sehr, soll so ein Riesenevent denn noch veranstalten? Die kleinen Verbände, als deren Anwalt sich Platini gerne selbst darstellt, können das sicher nicht stemmen. Vor vier Jahren fand die EM in Portugal statt, in diesem Jahr in Österreich und der Schweiz. Es wurden Stadien gebaut, die für eine EM gerade groß genug waren, für den Ligabetrieb aber völlig überdimensioniert sind. Etliche Arenen wurden zurückgebaut oder sollen verkleinert werden. Die EM mit ihren 16 Mannschaften schien teilweise schon zu groß für die kleinen Fußballländer. Michel Platini sagt, dass es sich nicht lohnen würde, ein Stadion für drei EM-Spiele zu bauen, da sei es doch besser, wenn bei einem größeren Turnier mehr Spiele in der neuen Schüssel ausgetragen werden. Ist der Bau einer Riesenarena wirklich sinnvoller, wenn diese nach fünf statt nach drei Spielen völlig überflüssig wird?

Die nächste EM soll in Polen und, falls sich die Uefa-Oberen heute nicht doch noch anders entscheiden, in der Ukraine ausgetragen werden. Zwei nicht gerade kleine Verbände haben sich nicht in der Lage gesehen, ein 16er-Turnier alleine auszutragen. Die wahren Profiteure eines EM-Megaturniers wären die großen Fußballnationen, die Länder, in denen in jeder größeren Stadt ein großes Stadion steht. Beim Deutschen Fußball-Bund kann man sich schon einmal Gedanken über eine EM-Bewerbung machen. Lange wird es nicht dauern, bis das nächste Riesenevent nach Deutschland kommt. Konkurrenten gibt es nicht viele. Spanien, Frankreich, Italien. Und: England.

Michel Platini führt derzeit gerne die Engländer als Beispiel an, wenn er von der Ausgeglichenheit der besten 24 europäischen Fußballnationen spricht. England war nicht dabei bei der EM in diesem Jahr. Ärgerlich für den englischen Verband und seine Fans. Ärgerlich aber auch für die Uefa. Das Interesse an der Euro in einem der wichtigsten Fußballmärkte hielt sich in engen Grenzen. So etwas soll möglichst nicht noch einmal passieren. Je größer das Turnier, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die großen Verbände auch qualifizieren. Der Sozialplan des Michel Platini, er ist nichts anders als eine Geschäftsidee. ANDREAS RÜTTENAUER